Geschichten

Interessante Geschichten von Alt Pannekow...



Geschichte Nr. 1

Diese Geschichte erreichte mich am 4. Oktober 2016 als E-Mail.
Dies ist eine überarbeitete Geschichte, extra für alt-pannekow.de...


Hallo Udo,

ich nehme an, dass Du ein Sohn von Fred und Lies´l Bungenberg bist.

Beide sind mir durch meine Kinder- und Jugendzeit, welche ich in Alt-Pannekow verbrachte, vertraut gewesen.
Jedes Interesse an den positiven sowie negativen Dingen, die zu unserer Geschichte gehören und die letztendlich auch unsere Identität ausmachen ist begrüßenswert. Ich meine, wer die Vergangenheit nicht kennen will, hat auch kein Recht auf die Zukunft. Mit meinen Erinnerungen will ich Dir das Geschehen Deines Heimatortes in den 40iger und 50iger Jahre des vergangenen Jahrhunderts nachvollziehbar erzählen.

Vorgeschichte:

Durch die Kriegs- und Nachkriegswirren hat sich das Leben in Alt-Pannekow enorm verändert. In den Jahren 1945 bis 1947 mussten im Dorf viele Flüchtlinge und Vertriebene aus Pommern, West- und Ostpreußen, aus Schlesien und dem Sudetenland aufgenommen werden. Für viele Familien stand manchmal lange Zeit nur ein Wohnraum zur Verfügung. Bei allen Bauern und besonders im Gutshaus wurden die „ihrer Heimat beraubten“ Menschen untergebracht. Der Wille dieser Menschen, das eigene und das Leben ihrer Kinder zu retten sowie künftig zu sichern, hat diese Zugezogene mit den Alteingesessenen solidarisch zusammengeschweißt. Obwohl die Neuankömmlinge verschiedene Dialekte sprachen und unterschiedliche Mentalitäten mitbrachten, haben sie sich auf Grund ihrer gemeinsam durchlebten deutschen Geschichte verstanden. Durch unterschiedliche berufliche und handwerkliche Kenntnisse und Fertigkeiten konnten sie sich gegenseitig helfen und ergänzen. Die Alteingesessenen und die „Neubauern“ z.B. spannten ihre Pferde zusammen und nutzten häufig die wenigen zur Verfügung stehenden Landwirtschaftsmaschinen um in gegenseitiger Hilfe ihre Äcker, Wiesen und Wälder zu bearbeiten. Ebenso handelten sie beim Einbringen und Bearbeiten der Ernten.

Rückerinnerung:

In einer riesigen Gutsscheune, welche sich zwischen den Grundstücken Kohn/Klarmann und Bobrowski befand, hatten diese Neubauern ihre Viehställe und Gefache für Heu und Stroh. Diese Gutsscheune war über 4 Durchfahrten sogar mit hoch beladenen Erntewagen befahrbar. Im hinteren Teil, also gegenüber von Herrn Kohns Stall/Wohnhaus, hatte diese Scheune einen Getreideboden. Auch dieser war für die Neubauern aufgeteilt. Gegenseitige Diebstähle sind mir nicht bekannt. Leider ist die Bausubstanz der Gutsscheune seit den 30iger Jahren nicht mehr geschützt worden, so dass sie zunehmend verfallen ist. Die Neubauern zogen teilweise in eigene, neu erbaute Gehöfte um und die restlichen konnten die finanziellen Mittel für eine Sanierung einer so großen Anlage nicht aufbringen. Wenn die Gefache halb leer waren, sind wir Kinder oft von dem Gebälk das den Dachstuhl trug und auf dem wir herumturnten, in das Heu oder das Stroh gesprungen oder gerutscht.


Alt-Pannekow Karte (Anhang)

Zwischen dem Gutshaus und der Gutsscheune befand sich der Dorfteich der auch als Wasserentnahmestelle diente. Dadurch fanden hier viele Feuerwehrübungen statt. Wir Kinder nutzten den Teich zum „Moddern“ oder um unsere selbstgebastelten Schiffchen schwimmen zu lassen. In Richtung der Bobrowski Wohn-Stallkombination war ein aufgeschütteter Damm der das Anwesen bei Hochwasser schützte. Der Teich wurde hauptsächlich durch die Grundentwässerung und der Regenwasserableitung des vorderen Gutshauses, der Gutsscheune und dem Gebäude Klarmann/Kohn mit Wasser gespeist.

Das Regenwasser des rückseitigen Gutshauses floss in einen Teich im Gutspark, der sich in der Senke vor dem Friedhof befand. Auf dem Teichgrund wuchs ein sehr zartes weiches Gras. Weil wir im Sommer meist Barfuß unterwegs waren, war es sehr angenehm in diesem Teich zu spielen. Aus unerfindlichen Gründen wurde dieser Teich später zugeschoben und die Bausubstanz des Gutshauses litt unter der Staunässe weil die Entwässerungsdränagen jetzt verschlossen waren. Vor dem Gutshaus, zum Dorfteich und der Gutsscheune hin, befand sich eine Streuobstwiese mit Apfel- Birnen- Kirsch- und Pflaumenbäumen. Der Haupteingang zum Gutshaus befand sich mit einer kleinen Freitreppe an der südlichen Giebelseite, dort wo heute mittig der Erker zu erkennen ist. Vor dieser Giebelseite begann der ursprüngliche Gutspark mit stattlichen Bäumen und Ziergehölzen. Vor dem Ahornwildwuchs, der in Richtung Friedhof zu erkennen ist, stand eine Baracke. Diese hatte im linken westlichen Bereich einen Ausschank mit Theke und gegenüber an der östlichen Seite eine richtige kleine Bühne mit Umkleide und hinterem Umgang. Die Parkaußengrenze wurde durch Fichtenreihen und dazwischen gepflanzten Ziergehölzen gebildet, welche heute noch teilweise erkennbar sind. Zwischen der Baracke und der Parkbegrenzung zur Granzower Straße, befand sich ein freier Platz. Mitten auf diesem Platz stand eine große Fünfstämmige Tanne um die eine Sitzbank herumgebaut war. Diese Tanne ist leider einer unvernünftigen Kunstdüngerlagerung zum Opfer gefallen. Der Platz und die Baracke wurden für alle möglichen Veranstaltungen genutzt. Hierher kam der Rummel mit Kettenkarussell, Schiffschaukel, usw. Ernte- Mai- und Kinderfeste wurden hier gefeiert und auch sportliche Aktivitäten hat der Platz erlebt. Vor dem schon erwähnten Teich am Friedhof, war für den Schulsport eine Sprunggrube mit Anlaufstrecke vorhanden. Hinter der Baracke, unter den Rotbuchen und der Blutbuche, stand ein Gestell mit einer Reckstange an der sich Groß und Klein versuchte. Später hat die Feuerwehr, an der Seite zum Klarmann´schen Gehöft, eine Übungsstrecke, eine Sturmbahn mit Eskaladierwand, Giebelfensterwand und andere Hindernisse aufgebaut. Die Freiwillige Feuerwehr übernahm Anfang der 50iger Jahre vielfältige soziale Aufgaben, die auf die Initiativen ihres Wehrleiters, Herrn Willi Bungenberg zurückgingen. Da es damals noch kein Fernsehen gab, der Landfilm noch nicht präsent war, leistete die Wehr hier ihren kulturellen Beitrag zur Freude der Alt-Pannekower. Wehrmitglieder mutierten zu Schauspieler und Unterhalter. In der Baracke am Gutshaus führten sie Singspiele und kurze Theaterstücke auf. Z.B. die bildliche Darstellung nach alten Volksliedern wie „Horch was kommt von Draußen rein“, oder „Des Pastorn sin Kauh“ usw. Auch zu Pfingst- oder Erntefesten übernahm die Wehr vorbereitende und begleitende Aufgaben. Zu Hochzeiten von Wehrmitgliedern ging es hoch her. Das Brautpaar wurde durch gekreuzte C-Rohr-Wasserstrahlen aufgehalten und nach dem „Lösegeld“ unter einem Wasserstrahldom freigelassen.

Zwischen dem rückseitigem Gutshaus und der Straße nach Granzow/Lüchow und bis zum Friedhof befand sich der Gutsgarten. Dieser Garten wurde bis 1957 von Herrn Möller bearbeitet, der neben der Neubauernwirtschaft auch als Friedhofsgärtner tätig war. Aufgrund eine unheilbaren Krankheit wählte Herr Möller im sehr kalten Februar 1957 den Freitod durch Erhängen in seiner Stallabteilung der Gutsscheune. Einen weiteren Freitod gab es in der Kohn´schen Scheune. Hier hat sich ein junger Bursche, der hier sein Landjahr absolvierte, aus Liebeskummer erhängt. Unnatürliche Tode gab es auch. So wurde 1953 Herr Ernst ermordet und eine junge Magd wurde beim Melken auf der Koppel von einem Blitz tödlich getroffen.

In meiner Kinder- und Jugendzeit habe ich gerne der Arbeit in der Schmiede Deines Großvaters und der Stellmacherei gegenüber zugesehen. Interessant war z.B. wenn neue Wagenräder mit den Beschlägen hergestellt wurden. Auf der Freifläche zwischen den Werkstätten gab es eine Betonplatte und ein Wasserbecken (zum Abschrecken des glühenden Metalls). Hierher brachte der Stellmacher (Herr Ziems/später Mohr) das vorbereitete Rad mit vorgebohrter Nabe, den Speichen und der Holzfelge. Aus der Schmiede kam dann der noch glühende Reifen dazu und wurde auf die Felge regelrecht aufgebrannt und um die Felge nicht zu zerstören, schnell im Wasserbecken abgekühlt. Auch die Nabe erhielt auf diese Art Befestigungsringe und das vorgebohrte Achsloch wurde mit einem glühenden Rundstab auf das Maß der Achse erweitert. Die Abfolge dieser Arbeiten erforderte ein sehr hohes handwerkliches Geschick und Können. Auch der Hufbeschlag war eine interessante Sache. Nur einmal bin ich da auf deinen Opa reingefallen. Ich sollte die linke Vorderhand des Pferdes schön festhalten und zugucken was dann passiert. Er drückte dann das neue noch glühende Hufeisen auf den Huf und ich habe nichtsahnend eine volle Ladung des aufsteigenden Rauchs des verbrennenden Horns abgekriegt. Hab mir fast die Lunge aus dem Hals gehustet. Das hat aber nur einmal geklappt. Später habe ich immer aufgepasst und bin auf keine Späße mehr reingefallen.

Frühlingszeit

Wenn im Frühling alles zu grünen und sprießen begann, haben wir uns gern in den Wiesen im Urstromtal aufgehalten. Dort gab es viele junge Wildtiere zu beobachten. Auch wuchs dort Sauerampfer den man damals sogar essen durfte, weil noch nichts überdüngt und vergiftet war. Die Gräser und Blumen waren vielfältiger als heute und man konnte wunderbare Frühlingssträuße mit nach Hause bringen. Die Mädchen flochten bunte Blumenkränze und setzten sie sich auf ihr Haar. Unsere „Ströpereien“ gingen im Tal bis in den Dölitzer Wald und auf der anderen Seite bis hinter den Hochwald in die Lüchower Wiesen. Auch der Wald zwischen Alt-Pannekow, Schlutow und Damm war regelmäßig unser Ziel. Hier hatten auch die Pannekower Neubauern ihre Waldanteile. In diesem Waldgebiet befinden sich zwei Hügelgräber. Mitte der 50iger Jahre waren hier Archäologen am Werk und legten die Anlagen mit den riesengroßen Steinen frei. Bereitwillig haben uns die Archäologen und ihre Helfer die Geschichte dieser Orte erklärt, was für uns interessante Neuigkeiten waren. Die Steinzeitgräber lagen damals in einem lichten Buchenwald auf leichten Anhöhen an dessen Wetterseiten schönes, weiches Moos wuchs, das wir für unsere Osternester sammelten. Deshalb waren uns diese Hügelgräber bekannt, hielten sie aber bis zu den Ausgrabungen, als einen Haufen von Steinen auf und zwischen denen sich gut spielen ließ. Zu den Mai und Pfingsttagen schmückte sich das ganze Dorf. Entlang der Dorfstraße standen und stehen immer noch die Dorfkaten in Fachwerkbauweise. An den Balken dieses Fachwerks z.B. wurde frische Birkengrün genagelt und manchmal mit bunten Bändern versehen. Auf dem Festplatz an der Baracke kam ein richtiger Maibaum (der bis zum Kindertag stehen blieb) mit einer Krone an der Süßigkeiten, Würstchen und Spielzeug befestigt waren. Wer es schaffte, den glatten Maibaum bis zur Krone zu erklettern, durfte sich eines der Teile abnehmen. Das gelang aber nur den Kräftigsten oder denen die die richtige Klettertechnik beherrschten.

Sommerzeit

Mit Hilfe Deines Vaters kamen wir Jungs gelegentlich an Karbid aus dem Schweißgasentwickler. Damit zum Schäferteich, das Zeug in eine Flasche mit etwas Wasser, dann die Flasche zu und ab damit in den Teich. Das gab eine schöne Explosion. Wenn dort Fische drin gewesen wären, hätten wir sie nur absammeln brauchen. Aber es gab da keine, Schade, oder auch nicht. Dafür gab es in dem Teich dicke Blutegel die sich ganz schnell festbeißen konnten. Deshalb mussten wir beim Spielen am und im Wasser immer aufpassen. Zum Baden gingen wir oft gemeinschaftlich zum Pannekower See. Beim Toben am und im Wasser haben die Großen immer auf die Kleinen aufgepasst, so dass keine nennenswerten Badeunfälle passierten. Das gegenseitige „Aufpassen“ war für uns alle eine Selbstverständlichkeit zu der niemand aufgefordert werden musste. An der Straße nach Altkalen gab`s zwei Badestellen die durch einen Grabenlauf getrennt waren. Dieser Graben stellte die Grenze zwischen den Pannekowern und Kalener Badenden dar. Auf unsere Seite befand sich ein Steg in den See hinein. Diesen hatten wir natürlich in Beschlag und ließen die Altkalener nur gnädige Weise auch mal rauf. Leider ist an der Altkalener Badestelle, Ende der 50iger Jahre, ein junger Schmiedegeselle von der Altkalener Schmiede „Freudenfeld“ dort ertrunken. Auf Pannekower Seeseite hat Anfang der 60iger Jahre, Ernst Kriszun (nicht verwandt mit den Neubauern Kriszun) den Freitod gesucht. Er war Landarbeiter auf dem Hof der Familie Klarmann.

Ich war zufällig am Tag der 800 Jahrfeier im Dorf und bin zum Festplatz gegangen. Das war der Ort wo früher das Gesindehaus stand. Dort wohnten nach 1945 die alten Loerzer´s, auch eine Fam. Buse und andere. Im sich anschließenden nördlichen Gutshausflügel wohnten weitere Vertriebene aus Schlesien, Ost- und Westpreußen, Pommern und später auch aus dem Sudetengebiet mit vielen Kindern. Durch diese Mischung erfuhren wir Märchen und Erzählungen aus diesen Gebieten u.a. auch über „Rübezahl“ der im Gebirge an der Schneekoppe sein Unwesen trieb. In Erinnerung an diese Geschichte habe ich mir, bei einem Besuch dort, zum Kauf einer geschnitzten Rübezahlfigur verleiten lassend die heute noch bei mir steht. Von der Trennmauer, die heute noch von diesem Gutshausflügel bis zum Brunnen in Richtung Bobrowski reicht, haben wir unsere ersten Mutsprünge gemacht. Am Brunnen gab es einen runden, mit Linden umstandenen Platz der sich für uns zum Spielen anbot. Auf diesem Platz soll früher ein Göpelwerk für den Brunnen gestanden haben. Ende der 40iger Anfang der 50iger Jahre gab es noch viele Stromsperren, so dass dieser alte Brunnen hin und wieder noch genutzt wurde, denn Mensch und Tier brauchten ja Wasser.

Alt-Pannekow hatte, soviel ich weiß, schon seit Ende der 20iger Jahre eine eigen zentrale Wasserversorgung durch ein kleines Wasserwerk, welches sich am Rande des Urstromtals an der Straße nach Granzow befand und durch Deinen Großvater gewartet wurde bis der Brunnen versandete. Alle Häuser und Ställe hatten dadurch einen Anschluss für fließendes Frischwasser.

Erntezeit

Sehr spannend für uns Kinder war die Zeit des Getreidedrusches. In dem Karree hinter dem Schulgebäude und Schulgarten, dem Gutspark und dem Schäferteich stand damals eine große Feldscheune. Auf dem Platz davor, bis zur Straße nach Granzow/Lüchow, wurden die Getreidegarben in riesigen runden Mieten gelagert. Dort stand auch das Transformatorenhaus für die Dorf- Hausstromanschlüsse. Am Ende der Getreideernte begann das Ausdreschen der Getreidegarben. Anfangs wurden dafür ein Lanz-Bulldock, ein Dreschkasten und eine Strohpresse hintereinander aufgebaut. Die Kraftübertragung erfolgte vom Schwungrad des Traktors zu den anschließenden Maschinen über lange Treibriemen. An den Dreschtagen war ganztägig, bis in den späten Abend hinein, das eintönige Tuck-Tuck-Tuck des Lanz-Bulldocks zu hören. Etwas später nutzten die Bauern die zum Transformatorenhaus führende Freileitung. Mit Stromabnehmern (lange isolierte Metallstangen an denen die Stromkabel befestigt waren), die man einfach in die Freileitung eingehängte, wurde ein Elektromotor in Betrieb gesetzt der dann ebenfalls über Treibriemen den Dreschkasten und die Strohpresse in Bewegung setzte. Ein weiterer Mietenplatz, für Getreide, befand sich rechts an der Straße nach Gnoien, etwa gegenüber der Neubauernhöfe Kriszun und Magdzig. Auch dort fand die o.gen. Art des Getreidedreschens statt. Wir Kinder spielten neben und bei diesen Arbeiten im Stroh und machten kleine Handreichungen, wenn die eine oder andere Helferin mal eine Pause machte.

Winterzeit

Hinter Bobrowskis Scheune war eine große Koppel die einen schönen Hang zum Urstromtal hatte. Diesen Hang benutzen wir Kinder und Jugendliche als Rodelberg. Ungefähr mittig dem Hang gab eine natürliche Erdterrasse, die einen kleinen Hopser mit dem Schlitten möglich machte. Mit viel zusammengeholten und festgetretenen Schnee haben wir diesen Absatz vergrößert um den Hopser noch größer zu machen. Das ist uns zwar gelungen, hatte aber mehrere zerbrochene Schlitten zur Folge. Im Anschluss an Bobrowskis Koppel war die unsere, mit zwei ehemaligen Karpfenteichen im Urstromtal. Die Teiche waren nicht sehr tief und sind im Winter schnell zugefroren. Somit hatten wir Dorfkinder hier unser Schlittschuh sowie Peickschlittenparadies. Das Toben auf der Rodelbahn und auf den Teichen ging bis in die Abendstunden. Oft vergaßen wir die Zeit und dann gab’s zu Hause ein kräftiges „Donnerwetter“. Einen Winterdienst, wie wir ihn heute kennen, gab es damals noch nicht. Anfangs spannten die Bauern Pferde vor ein Gerät, welches zwei Schare hatte und wie ein Dreieck aussah. Mit diesem Schneepflug wurde die Straße nach Altkalen und Gnoien geräumt. Auf dem Schulweg nach Altkalen durften wir manchmal unsere Schlitten an diesen Schlepppflug anbinden und brauchten nicht zu laufen. Später wurde dann ein Traktor als Zugmaschine genutzt. Erst gegen Ende der 50iger Jahre wurde der Winterdienst durch die Straßenmeisterei organisiert.

Zurück zur Jetztzeit

Meine Abwesenheit aus Alt-Pannekow ist wohl doch schon sehr lange her, so dass ich bei der 800 Jahrfeier des Ortes, keine mir bekannten Personen entdecken konnte. Ich glaube mein letztes Gespräch mit Walter Loerzer war wohl Anfang der 90iger Jahre. Er trug sich damals mit dem Gedanken, seinen Gutshausflügel zu verkaufen.

Die Geschichte ist nun doch etwas länger geworden als ich dachte. Aber wenn ich noch mehr Kürze wird sie zusammenhangloser. Es gibt noch viel Erzählstoff über Details des Lebens in Deinem Heimatort, aber das würde hier dann ausufern.

Mit freundlichen Grüßen,

- Name zensiert -




Geschichte Nr. 2

Diese Geschichte erreichte mich am 26. November 2016 als E-Mail
und ist die Fortsetzung von Geschichte Nr. 1. Sie wurde überarbeitet...


Details zu den Kindheits- und Jugenderinnerungen

Leben im Gutshaus und dem Dorf in den vierziger und fünfziger Jahren

Die Vertriebenen und Flüchtenden machten nach dem Zusammenbruch des „Dritten Deutschen Reiches“ im damaligen Kreis Malchin, zu dem auch Alt-Pannekow gehörte, schätzungsweise 50 bis 60 Prozent der Dorfbevölkerung aus.

Das gesamte Gutshaus und auch die Bauernhaushalte waren nach dem Kriegsende mit Vertriebenenfamilien aus den unterschiedlichsten Gebieten Ostdeutschlands und später auch noch zusätzlich mit den Vertriebenenflüchtlingen aus den Sudentengauen vollgestopft. Einige Familien davon wurden durch die Aufsiedlung des Gutes in Alt-Pannekow zu Neubauern, andere waren Handwerker und wieder andere waren zu alt um noch Neues zu beginnen. Aus der Not heraus halfen letztere Personen in den Bauernhaushalten bei leichten Arbeiten, vermittelten ihr Wissen und Können an jüngere oder machten Haushalt- und Handarbeiten. Die Handwerker suchten sich Arbeit auf den Dörfern und in den Kleinstädten der Umgebung in Stellmachereien, Schmieden, Schlossereien, Sattlereien, Baubetriebe usw. und halfen so die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Viele fehlenden Gebrauchsgegenstände, aber auch Arbeitsmittel wurden selber hergestellt, weil der Handel zum damaligen Zeitpunkt noch nicht wieder entwickelt war, oder aber die benötigten Artikel einfach nicht da bzw. nicht erschwinglich waren. Deshalb besann man sich auf alte Techniken und die Fertigkeiten der Vorfahren welche früher von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Besonders die Handwerker und Bauern aus Ost- und Westpreußen aber auch aus andere deutsche Siedlungsgebiete, die in ihrer Heimat oft in Einzelgehöften weit entfernt von Versorgungseinrichtungen siedelten, beherrschten diese Techniken und bauten sich Hilfs- und Arbeitsmittel. So wurden zum Beispiel die Binder (lange Seile aus Hanfmaterial) wie bei den Seilern- oder Seilschlägern, auf einer eigenen „Reeperbahn“ hergestellt. Für uns Kinder war das Hin- und Herziehen der anfänglich noch dünnen einfach verdrillten Hanfstränge zwischen dem Seilergeschirr und dem Seilerbock wo sie jeweils an Haken zu befestigen waren, für eine gewisse Zeit ein abwechslungsreiches Spiel. Das Seilergeschirr war eine senkrecht in einem Gestell befestigte drehbare Scheibe mit vier Haken an denen die erst dünnen Stränge bis zum Seilerbock waagerecht gezogen und vom Seiler verdrillt wurden während ein Gehilfe die Scheibe mit einer Kurbel langsam und gleichmäßig drehte um eine gleichmäßige Seilstärke- und Seilfestigkeit zu erreichen. Damals wurde Hanf straffrei angebaut, weil es für genannte Zwecke notwendig war. Eine andere Verwendung ist mir allerdings auch nicht erinnerlich. Vielleicht war eine andere Verwendung nicht bekannt oder spielte in der harten Nachkriegszeit keine Rolle. Ich erinnere mich noch an bis zu zweieinhalb Meter hohe Hanfpflanzen die in breiten Reihen auf den Äckern wuchsen. Wir konnten als Kinder in diesen Reihen z.B. vom Schäferteich, an der Straße nach Granzow entlang bis zur Wiese im Urstromtal, fast unbehindert durchlaufen und uns bei Spielen auch gut in einem solchen Feld verstecken. Doch zurück zum Seile herstellen.

- Bild zensiert - Seiler-Maschine

Der Raum zwischen dem Seilergeschirr und dem Seilerbock war für uns die „Reeperbahn“. So sagte es uns ein Landarbeiter der vor dem Krieg als Geselle in einer Reepschlägerei am Stettiner Hafen tätig und dort an der Herstellung langer Schiffsseile beteiligt war. Aber je mehr Stränge zu einem dicken Seil verdrillt wurden, desto schwerer wurden diese für uns Kinder. Die Arbeit wurde dann von den Erwachsenen weitergeführt. Auch reparierten die Bauern ihre Pferdegeschirre aus Kosten- und Zeitgründen überwiegend selber. Dazu wurden die ledernen Stränge, Halfter, Zügel usw. in einer selbstgebauten hölzernen „Kluppe“ geklemmt.

- Bild zensiert - Einspännergeschirr

Diese „Kluppe“ bestand aus zwei breiten Hölzern die auf einer Achse geneigt werden konnte und senkrecht in einer einfachen Holzbank befestigt wurden. Das eine „Kluppenholz“ war dabei stationär und unten durch ein Scharnier mit dem zweiten „Kluppenholz“ verbunden. Das bewegliche „Kluppenholz“ wurde durch ein einfaches Fußpedal an das stationäre Holz gedrückt. Zwischen diesen Kluppenhölzer wurde das Geschirrteil eingeklemmt, so dass der Bauer, rittlings auf der Bank sitzend, beide Hände zum vorstechen der Nähte und zum Nähen frei hatte. Das starke Garn wurde durch Hartwachs gezogen und so haltbarer gemacht. Gleichzeitig erleichterte das Wachs als Gleitmittel das Nähen mit dem Garn durch das dicke Leder. Oftmals stammten diese Pferdegeschirre noch aus der Vorkriegszeit oder waren aus mehreren unterschiedlichen vorgefundenen oder nachgemachten Teilen zusammengebastelt die nur noch begrenzt belastbar waren und deshalb immer öfter repariert werden mussten.

- Bild zensiert - Hier eine Schnitzbank, ähnlich der Kluppenbank

Auf der Schnitzbank bearbeiteten die oben genannten älteren Flüchtlinge ganz grob die Stiele aus den Weiden- oder Haselnussstecken für Harken- Schaufel- Spaten- Forkenstiele usw. Nachdem die Form für den jeweiligen Stiel mit dem Zugeisen oder dem „Schinder“ (ein kleiner Hobel mit Griffstücke für beide Hände) hergestellt war, erfolgte der Feinschliff mit Glasscherben. Zwischendurch wurde der Stiel immer mal wieder angefeuchtet damit die Holzfasern aufquellen konnten, die dann nach dem Trocknen wieder mit der Glasscherbe abgehobelt wurden. So entstanden Stiele für die Arbeitsgeräte die angenehm in der Hand lagen und an denen man sich keine Splitter einreißen konnte. Besonders sorgfältig wurden die Stiele für Schaufeln und Forken ausgewählt. Diese mussten an bestimmte Stellen eine leicht gebogene Form haben damit sie der menschlichen Arbeitsweise und Körperhaltung angepasst werden konnten. Das Aufstielen erforderte dann besonderer Sorgfalt um die richtige Balance zu finden und diese wurde durch mehrere Versuche ermittelt. Denn die Schaufel oder die Forke durfte beim halten des Stieles und dem Einsatz des Werkzeuges vor Ort, weder nach links oder rechts abkippen. Es wäre auch sehr ermüdend und unproduktiv, wenn der jeweilige Arbeiter, den Stiel so lange hin und herdrehen müsste damit z.B. die Schaufel in die waagerechte Arbeitsstellung kommt.

Auch viele Gebrauchsgegenstände wurden selber hergestellt. Angefangen von Bettgestellen, Bänken, Holzlatschen, Butterfässchen usw. Da die Vertriebenen auf der Flucht ihren Hausrat größtenteils zurücklassen mussten oder er ihnen geklaut worden war, fehlten oft die einfachsten Dinge. Die Vertriebenen, die im Februar 1945 über das zugefrorene Haff oder andere zu überquerende Wasserhindernisse fahren mussten, mussten wegen der Gefahr des Einbrechens in das Eis einen Großteil ihres Habes abladen. Nach Augenzeugenberichten türmten sich an den Ufern vor den Übergangsstellen, Berge von Wirtschafts- und Haushaltsgüter. Trotzdem sind durch das zu dichte Auffahren von Gespanne wegen Paniksituationen durch angreifende Tiefflieger, viele Wagen mit den darauf sitzenden Menschen ins Eis eingebrochen wobei die meisten Menschen in den eisigen Fluten umgekommen sind. Ein Soldat der für die Kennzeichnung der Fahrtrassen über das Eis eingesetzt war erzählte mir, dass in solchen Fällen kaum oder keine Menschen an der Wasseroberfläche wiederauftauchten. Ganz wenige dieser Unglücklichen konnten gerettet werden. Das lag auch daran, weil sich die Menschen wegen der Kälte sehr dick angezogen hatten und weil sie dadurch auch hofften, ihre guten Bekleidungsstücke zu behalten. Diese übereinander gezogenen Textilien saugten sich schnell voll Wasser und zogen die Menschen auf den Gewässergrund hinunter. Der Soldat sagte weiter, dass er dieses Geschehen nie vergessen kann und dass er diese Bilder immer wieder vor Augen hat. So sind ganze Familien, vom Urgroßvater bis zum gerade geborenen Baby, einfach von der Eisoberfläche und aus dem Leben verschwunden. Oftmals blieb ihm und seinen Kameraden nichts weiter übrig, als den Pferden die sich in Todesangst von den Strängen gerissen hatten, beim Auftauchen an der Wasseroberfläche den Gnadenschuss zu geben. Ein Bergen dieser Tiere war unter den gegebenen Umständen nicht möglich. Wichtiger war es, die Flüchtenden auf Ersatzstrecken umzuleiten und sie von den gefährlichen Stellen fern zu halten, was bei der Paniksituation nicht einfach war.

Gut in Erinnerung sind mir noch die Arbeiten für Federbetten und Kopfkissen. Fast alle Familien hielten sich Federvieh von denen die weichen Daunen und Federn als Füllmaterial gewonnen wurden. In gegenseitiger Hilfe und in gemeinschaftlicher Arbeit wurden dann in den Familienhaushalten reihum diese Federn „geschlissen“, also die weichen Federteile vom Kiel abgezogen.

- Bild zensiert - Frauen ziehen weiche Federteile ab

Dabei wurde gesungen oder es wurden für uns Kinder, spannende Spukgeschichten und Märchen aus den jeweiligen Herkunftsgebieten der Vertriebenen erzählt. So machte man für alle Beteiligten und andere Bedürftige neue wärmende Federbettdecken sowie Kopf- und Zierkissen. Die Daunen und geschlissenen Federteile wurden dann in entsprechende, dem Verwendungszweck bestimmte und zuvor genähte Inlettstoffe gefüllt. Die über den Eigenbedarf hergestellten Bettdecken usw. kamen zum Verkauf oder wurden als Tauschobjekte gegen andere Erzeugnisse die den eigenen Haushalt vervollständigten oder auch manchmal nur um den Hunger zu lindern, gegen Lebensmittel eingetauscht. In den meisten Haushalten fand sich ein Spinnrad oder wurde ein nachgebautes beschafft.

- Bild zensiert - Spinnrad

Auf diesen wurde die mehrfach gewaschene und gezupfte Schafwolle zu gleichmäßiger Fäden gezogen aus denen dann Socken, Westen, Mützen, Handschuhe oder Jacken gestrickt wurden. Dabei tauschten die Strickerinnen ihre Strickmuster und Techniken, z.B. zum Stricken der Fersenteile der Socken oder dem spitzen Ausschnitt an den Westovern usw. aus.

Waren keine gemeinsamen Arbeiten vereinbart worden, saßen die Frauen an warmen Abenden zum gemeinsamen Plausch auf der steinernen Balustrade der kleinen Freitreppe an der Südseite des Gutshauses (der Eingang war damals dort, wo heute der geschlossene Erker zu sehen ist). Hier wurden dann Neuigkeiten ausgetauscht, gemeinsame Vorhaben geplant, allgemein „geklönt“ und der aktuelle „Klatsch“ verbreitet. Als dann später die Konsum- Verkaufsstelle im Gutshaus eingerichtet wurde, trafen sich hier an der Treppe die einkaufenden Frauen und Männer zu einer noch größeren Gesprächsrunde. Zu Wartezeiten kam es regelmäßig, weil z.B. das Lieferfahrzeug mit den bestellten Fleisch- und Wurstwaren oder dem Brot nicht pünktlich war, da der Fahrer mehrere Verkaufsstellen belieferte und so keine feste Uhrzeit einzuhalten war. Dabei kam es auch sehr oft vor, das solche „Klönschnakrunden“ mit wechselnden Teilnehmern auch mal über Stunden anhielten, da es ja über jeden der gerade nicht anwesend war, etwas zu berichten gab. Diese spontanen Treffen ersetzten garantiert eine aktuelle Dorfzeitung und befriedigte die Neugier vieler Leute. Dadurch war hier am Gutshaus ein zentraler Treffpunkt entstanden der alle Dorfbewohner auf die eine oder andere Art zusammenbrachte und damit auch die Dorfgemeinschaft zusammenhielt.

- Bild zensiert - Südflügel des Gutshauses

Es waren aber auch Einzelpersonen ins Gutshaus eingewiesen worden die durch die Umverteilung der Sudetendeutschen nach 1946 bis 1948 hierher kamen. Es handelte sich zumeist um ältere Leute. In der „Plättstube“, ein Raum im Gutshaus von dem man in den Gutsgarten gelangen konnte und der eine Falltür für den Keller hatte, waren drei ältere Herren aus den südlichen Sudeten untergebracht. Diese saßen oft vor der Tür zum Garten, rauchten ihre langen mit Kordeln verzierten Meerschaumpfeifen und erzählten uns Kindern Teile ihrer Lebensgeschichten und auch Märchen. Wir wussten manchmal nicht was echt oder nur gesponnen war. Aber sie halfen Spielzeug zu reparieren und bauten solches auch neu. So bekam ich einen „Wackel-Dackel“ als Weihnachtsgeschenk. Dieser Dackel bestand aus drei Teilen die durch Scharniergelenke verbunden waren und den man hinter sich herziehen konnte. Weil die Dackelfüße Rädchen hatten deren Achse versetzt war, ahmten diese Körperteile den wackligen Dackelgang nach. Oder sie Schnitzen z.B. aus Eschenholz Zinken für die Heuharken der Bäuerinnen. Eschenholz nahmen sie auch zur Herstellung von Hammer- Beil- und Axtstielen. Das Eschenholz ist zäh und langfaserig, so dass es nicht so schnell splittert oder bricht wie z.B. Eichen- oder Buchenholz. Einer dieser älteren Herren hatte ein Holzbein. Er erzählte, dass er während des „Ersten Weltkrieges“ in der österreichischen K.u.K. Armee dienen musste und an der Italienischen Front eingesetzt war. Hier war er anfangs in den Bergen der Dolomiten zum Tunnelbau eingesetzt. Diese Tunnel sollten bis unter die Gefechtsstellungen der italienischen Gebirgsartillerie getrieben und mit Sprengstoff gefüllt werden. Dann wollte man das Ganze in die Luft sprengen. Er hat das aber nicht mehr selber gesehen und erlebt. Wegen der schweren Arbeit im Berg und der mangelhaften Ernährung war seine Einheit einer totalen Erschöpfung nahe. Denn alle Lebensmittel und Getränke mussten von Bergsteigertruppen mühselig und unter feindlichen Beschuss herangeschafft werden und konnten letztlich nicht den Bedarf von schwer arbeitenden Menschen decken. Seine Einheit wurde dann von diesem Frontabschnitt abgezogen und zur Erholung in die Etappe geschickt. Anschließend wurden sie in der Ebene an die Isonzofront verlegt. Bei einem Sturmangriff seiner Einheit geriet er in starkes Artilleriefeuer und ein großer Granatsplitter riss ihm das halbe Bein weg. Er wusste aber nicht ob das von einer deutschen oder italienischen Granate gewesen ist, weil das Trommelfeuer der Artillerie von beiden Seiten mörderisch war. Am Ende hatten die Italiener den Kampf verloren und er wurde im Lazarett für seine „Tapferkeit“ ausgezeichnet. In seiner sudetendeutschen Mundart hat er fürchterlich über den Krieg geflucht und gesagt, er hätte gerne auf die Auszeichnung verzichtet und lieber sein Bein behalten.

Die Vertriebenen aus dem Sudetengebiet und Schlesien gehörten überwiegend der katholischen Religionsgemeinschaft an. Im hinteren Gutshaus wohnte eine ältere strenggläubige Dame die an katholischen Feiertagen, oft am späten Abend im Dunkeln nach Gnoien zur Mitternachtsmesse ging. Wir meinten uns manchmal einen Spaß zu machen indem wir sie mit einem alten Bettlaken über unseren Köpfen als Geister erschrecken wollten. Sie blieb aber unbeirrt auf ihrem Weg und betete mit dem Rosenkranz in der Hand laut vor sich her “Böser Geist hebe dich hinweg und geh von mir, guter Geist komm her“. Auch anderen Schabernack hatten wir im Kopf. Auf der Dorfstraße, damals noch Kopfsteinpflaster mit Sommerweg, bei der Brücke in Richtung Gnoien über dem Graben am Riedlerschen Gehöft, legten wir eine alte Brieftasche aus. An der Brieftasche war eine dünne, kaum sichtbare Angelsehne befestigt an deren Ende wir unter der Brücke saßen. Vor der Brücke in einem Apfelbaum war unser Beobachter stationiert mit dem Zeichen vereinbart waren. Kam nun ein Radler auf seinem Drahtesel oder Bauer auf seinem Wagen des Weges und erblickte die Brieftasche, kehrte er um und stieg ab um den Fund aufzuheben. In diesem Moment, wenn durch das Absteigen der Blick nicht auf die Brieftasche fiel, zogen wir auf das Zeichen an der Angelsehne und damit die Brieftasche unter die Brücke. Das Wundern und Fluchen der genarrten Leute war der Lohn für unsere Mühe. Hinterher tauschten wir uns aus, wer am leichtesten zu übertölpeln war und amüsierten uns köstlich über die Reaktionen.

Aber auch nützliche Aktionen haben wir begeistert mitgemacht. So gab es in unserer Besatzungszone keine Verhüttungsindustrie. Die Hochöfen befanden sich in den Westzonen, im Ruhrgebiet oder dem abgetrennten Schlesien. Zudem verschwanden viele Metallbe- und verarbeitenden Betriebe als Reparationskosten in die damalige Sowjetunion. So war man in der sowjetischen Besatzungszone, der sogenannten „Ostzone“, also gezwungen eine eigene Eisenhüttenindustrie aufzubauen. Da die Siemens-Martinhochöfen Eisenerz benötigten welches kaum vorhanden war, griff man auf Altmetalle zurück. Und hier kamen wir Schulkinder ins Spiel. Unter dem Schlagwort „Martin braucht Schrott“ durchsuchten wir in Sammelaktionen alle Winkel im und außerhalb des Dorfes nach altem Metall. Dieses trugen wir zu Sammelstellen von denen es organisiert abgeholt und der jungen Verhüttungsindustrie zugeführt wurde. Weitere Aktionen führten wir z.B. auch für staatliche Apotheken durch, indem wir Lindenblüten, Spitzwegerich oder Kamillenblüten sammelten. Als sich später damit Geld verdienen ließ, kamen Profisammler aus der nichtberufstätigen Bevölkerung der Kleinstädte Gnoien und Dargun dazu. Ähnlich dem „Martin braucht Schrott-Aufruf“ verliefen Steinsammelaktionen für den Rostocker Überseehafen der auch erst neu gebaut werden musste. Denn durch die willkürliche Grenzziehung im Osten, war der Stettiner Hafen für den Norden Mecklenburg-Vorpommerns verloren. Viele junge Arbeitskräfte sind deshalb in die Häfen nach Kiel und Hamburg abgewandert, so auch aus Alt-Pannekow. Auch einige, der durch die Bodenreform zu einem Bauernhof gekommenen Vertriebene und ehemals landlose Landarbeiter gingen den Weg in die „Westzonen“. Manche, weil sie Konsequenzen fürchten mussten, indem sie das über das „Plansoll“ hinaus aufgezogenes Vieh auf dem Schwarzmarkt verkauft hatten und von „lieben“ Nachbarn verpfiffen oder erwischt worden waren. Dazu muss gesagt werden, dass die Bauern ein enorm hohes Ablieferungssoll hatten und dass wenige was sie darüber hinaus für den Selbstbehalt erwirtschafteten, nur zum staatlich verfügten Preis verkauft werden konnte. Das nannte sich dann, die Produkte als „Freien Spitzen“ für einen festgesetzten Preis verkaufen zu müssen. Auf dem Schwarzmarkt hingegen konnte man dagegen, bei freien Preisen, zum „schnellen Geld“ kommen. Aber auch andere Menschen, denen es nicht gelungen war eigenständiger Bauer zu werden. Sie mochten vorher gute und fleißige Landarbeiter gewesen sein, aber zur Führung eines Hofes sind auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse nötig. Leider hatten die ehemaligen Landarbeiter und Tagelöhner nicht immer die nötigen Voraussetzungen, so dass ihre Höfe unwirtschaftlich wurden und sie aufgaben. Aus diesen aufgegebenen oder verlassenen Höfen entstanden die ersten „Örtliche Landwirtschaftsbetriebe“ (ÖLB) und später die „Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften“, kurz „LPG“ genannt. Als dann, Ende der 50iger Jahre die Kollektivierung der Landwirtschaft mit Macht durchgesetzt wurde, haben weitere wertvolle Menschen und ganze Familien zur Arbeitssuche in ihre erlernte oder neue Berufe, Alt-Pannekow in Richtung „Westzonen“ oder andere Gebiete innerhalb der DDR verlassen. Unsere Region war und ist nun mal landwirtschaftlich geprägt. Viele junge Menschen verließen unsere Region, weil nicht alle in der Landwirtschaft arbeiten konnten oder wollten. Die wenigen Handwerksbetriebe konnten den Bedarf an Arbeits- und Ausbildungsplätze nicht decken. So wanderten, hauptsächlich aus Vertriebenenfamilien stammende junge Leute in Regionen die in dieser Zeit viele Arbeitskräfte für den Wiederaufbau der zerstörten Städte und Industriebetriebe benötigten. Das wirtschaftliche Erstarken in dem gespaltenen Deutschland, ob Ost oder West, ist nur den hier lebenden einheimischen Menschen und den 17 Millionen Vertriebenen zu verdanken. Sie haben sich gemeinsam unter heute unvorstellbaren Bedingungen und Verhältnisse, eine neue Lebensgrundlage geschaffen. Sie bauten die zerstörten Städte auf, schafften neue Industriebetriebe und den arg benötigten neuen Wohnraum. Mit der Bodenreform im Osten versuchte man die Ernährungsgrundlage der Bevölkerung zu sichern. Da im ehemaligen Mitteldeutschland keine Schwerindustrie vorhanden war, wurde diese unter große Mühen aufgebaut. Im neuen Osten zudem ohne Marshallplan und unter zusätzlichen Belastungen durch die „Reparationen“ an die damalige Sowjetunion. Zudem wurden hier Strafmaßnahmen aus dem Potsdamer Abkommen gegen sogenannte „Rüstungsbetriebe“ durch die Besatzungsmacht konsequent umgesetzt. So wurden diese Betriebe als Reparationen demontiert und in die UdSSR transportiert. Andere wurden einfach gesprengt. Mit entsprechenden Umrüstungen hätten diese Betriebe genauso gut einer friedlichen Produktion dienen können. Das führte im neuen Osten für eine etwas schwierigere und gebremste Entwicklung als im Westteil Deutschlands. Aus einschlägigen Dokumentationen kann man entnehmen, dass viele Betriebe in den Westzonen nach der Behebung der Schäden, bereits wenige Wochen nach Kriegsende ihre Produktion wiederaufgenommen haben. Auch aus diesem Grund ist die Wanderung der Arbeitskräfte aus dem Osten in den Westen zu erklären. Die politischen kommen natürlich dazu und können nicht übersehen werden. Bereits kurz nach dem Zusammenbruch Deutschlands und dessen Ausschaltung als Weltmacht, entstand ein neues Kräfteverhältnis zwischen den Siegermächten die zum sogenannten „Kalten Krieg“ führten. Es ging damals schon um geopolitische Ziele und Einflussgebiete die nun in Deutschland in einer Demarkationsgrenze manifestiert und von den Westalliierten als „Eiserner Vorhang“ bezeichnet wurde, auf die die Deutschen selber den wenigsten Einfluss hatten. Von der sowjetischen Regierung wurde der Vorschlag gemacht, Deutschland als neutrales Land wieder zu vereinigen und die Besatzungstruppen abzuziehen. Dabei ging Stalin sogar soweit, auch die durch Polen und von seinem Land besetzten Ostgebiete wieder an ein „neutrales“ Deutschland zurückzugeben. Stalin wollte ein neutrales Deutschland fördern das mit seiner starken Wirtschaft den Wiederaufbau in seinen verwüsteten Ländern vorantreiben hätte können. Das aber lag nun gar nicht im Interesse der Westalliierten und sie ließen durch den damals amerikahörigen Bundeskanzler der Westzonen, alle sowjetischen Angebote abblocken. Letztlich mussten dadurch die vielen deutschen Soldaten in den russischen Kriegsgefangenenlagern mehrere Jahre länger schuften und auf ihre Heimkehr warten bzw. konnten diese nicht mehr erleben. Darum sind heutige Darstellungen, dass sich der bundesdeutsche Kanzler vehement für die Rückführung der Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion einsetzte als eine niederträchtige Farce zu betrachten.

- Bild zensiert - 1952 – in den so genannten Stalinnoten - Friedensvertrag mit Deutschland

…manchmal lohnt es sich doch alte Dinge aufzuheben, wie z.B. diese Zeitung von 1952, in der Schwarz auf Vergilbt steht, dass Russland die Alliierten aufforderte, doch endlich – nach (NUR) 7 Jahren der Besatzung, einen Friedensvertrag mit Deutschland zu erörtern, damit Deutschland wieder in einen GLEICHBERECHTIGTEN Zustand, gegenüber den anderen Völkern gesetzt wird. Die einzige russische Bedingung war die künftige Neutralität Deutschlands. Durch freie Wahlen sollte eine neue deutsche Regierung gebildet werden, die anschließend einen Friedensvertrag mit allen Feindstaaten schließen kann. Das wäre allerdings das sofortige Aus für die von den Westmächten in der BRD installierte Plutokratie gewesen.

Der Gedanke hinsichtlich eines vereinigten Deutschlands blieb auf beiden Seiten der Grenze bei den Menschen bis in die 60iger Jahre lebendig. Allerdings standen diesen kleindeutschen Bemühungen gegensätzliche ideologische Grundsätze entgegen. Von DBD-Funktionären (Demokratische Bauernpartei Deutschlands) weiß ich, dass diese bei offiziellen Besuchen, z.B. in Schleswig- Holstein, dieses Thema immer wieder mit auf die Tagesordnung setzten und es auch mit ihren Gesprächspartnern streitbar, aber ohne Erfolg erörterten.

Zurück zu den damaligen Bedingungen und Verhältnissen im Dorf

Das Kleinvieh der Vertriebenen

Das Federvieh wurde von den meisten Gutshausbewohnern in Schuppen und Buchten gehalten. Das sah zwar rund um das Haus nicht schön aus, erfüllte aber seinen Ernährungs- und Verwendungszweck. Gänse, Enten und Hühner liefen frei im Dorf umher und waren nicht eingezäunt. Die Tiere wurden bald nach dem Schlüpfen gekennzeichnet indem man den Küken ein Zehenglied entfernte oder an einer bestimmten Stelle die Schwimmhäute einritzte. Später gab es dann verschiedenfarbige „Hühnerringe“. So konnten die Familien ihre Kleintiere immer auseinanderhalten. Die Hühner blieben meist in der Nähe ihres Stalles und kehrten abends überwiegend selbständig in den Stall zurück. Die Enten musste man dagegen am Abend mit Rufe vom Teich locken. Das war relativ einfach, weil die Enten jeder Familie schon als Küken in einer Gruppe aufgewachsen waren und wie ein Rudel zusammenhielten. Darüber hinaus kannten sie die Lockrufe der jeweiligen Besitzer und folgten ihnen in ihre Ställe oder Buchten. Schwieriger waren die Gänse. Die sind auf ihrer Futtersuche gerne mal vom Teich ausgebüxt und in die dorfnahen Getreidefelder gewatschelt um dort zu naschen. Das sahen die Bauern gar nicht gerne und fingen gelegentlich einige Tiere ein. Weil wir Kinder zum Gänsehüten eingeteilt waren, uns das Spielen aber viel lieber war und Gänse, Gänse sein ließen, mussten wir dann am Abend auch suchen wohin unsere Gänse gekommen sind und bei den Bauern um Herausgabe derselben betteln. Das gab dann jedes Mal beim Bauern eine „Standpauke“ und auch zu Hause ein gehöriges „Donnerwetter“.

Arbeitsmethoden

Entlang des Grabens im Urstromtal wuchsen Kopfweiden. Von diesen Weiden wurden Äste einer bestimmten Stärke, je nach späterem Verwendungszweck, gewonnen entrindet und getrocknet. Diese Äste wurden später als Forken- Harken- Schaufel- oder Spatenstiele verarbeitet. Weidenäste nahm man, weil diese auch bei längeren Arbeiten griffig blieben, den Schweiß aufnahmen und damit keine Blasen an den Händen verursachten. Besondere Sorgfalt erfuhren die langen Stiele der zweizinkigen Stakforken (Zweizinkige Heugabel), mit denen man die Getreidegarben und das Heu auf die Leiterwagen auch in größerer Höhe bringen musste.

- Bild zensiert - Zweizinkige Heugabel

So ein beladener Leiterwagen konnte dann leicht eine Höhe von über 4 Meter erreichen. Über diese hohe Ladung kamen dann, von vorn nach hinten, ein oder kreuzweise zwei der o.gen. Binder damit sich die Fuhre beim Durchfahren von Unebenheiten nicht selbständig macht. Das Beladen des Leiterwagens erforderte ein besonderes System und einige Übung durch den Packer/die Packerin. Zwischen den Leitern wurden die Getreidegarben mit den Ähren vom Ende und Anfang des Wagens zur Mitte hin gepackt. Anschließend erfolgte das Packen in Querrichtung zu diesen Lagen. Hierbei kamen die Ähren wiederum zum Wageninneren um Körnerverluste zu vermeiden. Die Querlagen wurden etwas über die Breite der Leitern (Wagenbreite) hinaus gepackt um so viele Getreidegarben wie möglich verladen zu können. In der Folge füllte der Packer alle Lücken und arbeitet jetzt Schicht für Schicht um sich herum. Nach Vorne und nach Hinten entstand dadurch ein halbrunder Abschluss. Die Beladungshöhe richtete sich nach der Körpergröße und der Forkenstiellänge des Stakenden, aber auch nach der Bodenbeschaffenheit. Wenn der Boden weich war, sanken die schmalen Wagenräder tief ein und das ganze Gefährt wurde für die Pferde zu schwer. Das war in der Erntezeit des Getreides meist weniger der Fall. Wichtiger für die Beladungshöhe war, wohin die Fuhre sollte. Ging es zum Mietenplatz war die Höhe unerheblich. Ging es dagegen in eine Scheune, war hier die Tordurchfahrt entscheidend.

- Bild zensiert - beladener Leiterwagen

Wir Kinder sind beim Abfahren der beladenen Leiterwagen zum Mietenplatz gerne an den Bindern auf die Ladung geklettert. Von dort konnten wir gut die Früchte der Äpfel- oder Birnenbäume kommen ohne Gefahr zu laufen erwischt zu werden. Die Straßengräben mit den Obstbäumen waren nämlich an einen Gnoiener Bürger vermietet der es nicht gerne sah, wenn wir uns dort an seinem Obst bedienten. Dieser Mieter mähte das Gras der Gräben und hütete dort auch seine Ziegen. Er hielt die Gräben sauber, reinigte die Durchflüsse unter den Abfahrten zum Ackerland und entfernte Wildwuchs.

Die Straße nach Gnoien und auch nach Altkalen war damals zweigeteilt. Neben einem schmalen befestigten Asphaltband (eher Teer-Schottergemisch) verlief ein unbefestigter Land- oder Sommerweg. Hier konnten die Traktoren mit den Eisenrädern (z.B. Lanz-Bolldock) und die metallbereiften Bauernwagen besser und ruhiger fahren als auf der Teerstraße.

- Bild zensiert - Alter Traktor mit Eisenrädern

Entlang dieser Straßen gab es in gewisse Abstände halbkreisförmige Erweiterungen. Auf diesen Erweiterungen lagerten Schotter, Splitt und Kies. In den Sommermonaten kam dann ein Arbeiter der Straßenmeisterei mit einem Teereimer zum Einsatz. Er füllte die im Jahresverlauf entstandenen Löcher mit dem Schotter-Teer-Splittgemisch und versuchte so eine einigermaßen glatte Fahrbahn herzustellen. Bei großer Wärme wurden die Teeranteile wieder zähflüssig. Weil wir im Sommer fast immer barfuß unterwegs waren, nutzten wir auf dem Weg zum und vom See sehr gerne den Sommerweg um nicht mit schwarzen geteerten Füßen herumzulaufen. Die Obstbäume an der Straße zogen sich in Richtung Gnoien, auf der linken Seite, von der Biegung an der Kohn´schen Scheune bis zum letzten linksseitigen Haus hin. Auf der rechten Seite ab dem Graben bis fast zur Schlutower Gemarkungsgrenze. Alles andere waren Alleebäume. Auch in Richtung Altkalen begann gleich hinter Alt-Pannekow eine herrliche Alle unter der man bis zu Schernaus Kuhle wie unter einem Dom gehen konnte. Weiter in Richtung Neu-Pannekow standen Rotdornbäume und rechtsseitig Schlehenbüsche. Ab Dorfanfang Neu-Pannekow bis zum See hinunter gab es beidseitig Obstbäume. Vom See bis nach Altkalen war eine zusammenhängende Kastanienallee angelegt.

Noch eine Erklärung zu den Getreidegarben

- Bild zensiert - Garbenbinden am Vorgewende

Die Vorgewende, breite Streifen an den Seiten sowie am Anfang und Ende eines Getreidefeldes den man zum Wenden des Mähbinders benötigte, wurden damals noch mit der Sense gemäht um keine Verluste zu erleiden. In dieser Phase der Erntezeit wurden wir nicht durch das Krähen der Hähne geweckt, sondern durch das Dengeln der Sensen. Fing erst ein Bauer oder Landarbeiter damit an, ging das Gehämmer wie eine Kettenreaktion durch das ganze Dorf weiter. Der „Dengel“ ist die Schneide der Sense die durch das Mähen abnutzte und jetzt wieder geschärft werden musste. Dazu wurde ein Stück massives Metall mit einer glatten Oberfläche (ca. 5x5 cm) das an der unteren Seite mit einer Spitze versehen war, in einen Holzklotz eingeschlagen oder eine Dengelbank gebaut.

- Bild zensiert - Dengelstock

Die Schneide der Sense wurde nun auf dieses Metallstück platziert und mit der Finne eines Hammers in gleichmäßigen Hammerschlägen bearbeitet. Mit diesen Hammerschlägen wurde das Metall der Sense dünner gemacht und herausgezogen. Das erfolgte über die ganze Länge des Sensenblattes und wenn nötig in doppelter Reihe. Anschließend erfolgte öfter das Nachschärfen mit dem vom Mäher mitgeführten Sensenstreicher und ab ging es zum Getreideschlag.

- Bild zensiert - Landarbeiter mit Getreidesense

Der Mäher mit der Sense legte das abgemähte Getreide in „Schwaden“(Reihen) ab. Der nachfolgende Binder oder die Binderin raffte einen Arm voll Getreidehalme vom „Schwaden“ zusammen, schnappte sich ein paar Halme, drehte sie zusammen, umschlang damit den Armvoll der Halme und machte einen einfachen Knoten. So entstand eine Getreidegarbe. Nachdem die Vorgewende geschaffen waren, kam der Mähbinder zum Einsatz. Der Mähbinder war eine von Pferden gezogene Maschine mit einem Mähwerk von ca. 2 Meter Breite.

- Bild zensiert - Mähbinder

Die Getreidehalme wurden, wie bei dem Balkenmäher, abgeschnitten und über eine Noppenbahn weitertransportiert. Ein mechanischer Arm sammelte die Getreidehalme ähnlich wie der Binder am „Schwaden“ und versah das Bündel mittig mit einem leichten Papierband. Danach wurde die so entstandene Garbe neben dem Mähbinder über eine Rutsche abgelegt (im Bild ist die Rutsche mit der Auswurfvorrichtung zu sehen). So konnten die Garben wegen der Erdfeuchte natürlich nicht liegenbleiben. Von helfenden Frauen und Kinder wurden die Garben zu „Hocken“ zusammengestellt. Jeweils zwei Garben wurden mit den Ähren nach oben aneinander gelehnt. Jeder Helfer nahm 2 Garben auf und folgte diesem Muster, so das am Ende eine „Hocke“ entstand die 6 bis 8 oder auch mehr solcherart aufgestellten Garbenpaare enthielt. Zwischen den schräg gestellten Garbenpaaren entstand dadurch ein Hohlraum der die Garben belüftete und sie trocknen ließ. Hat uns irgendwann dann auch mal ein Regenschauer erwischt, sind wir Kinder in diesen Hohlraum gekrochen und blieben trocken. Die Hocken wurden in einer relativ geraden Reihe der Länge nach über den gesamten Getreideschlag aufgestellt, so dass später die Leiterwagen an den Reihen entlangfuhren und die Garben auf die Wagen verladen wurden, ohne lange auf dem Feld herumzukurven. Auf dem Bespielbild waren die Pferde gerade für andere Arbeiten ausgespannt.

- Bild zensiert - Beladen eines Leiterwagens auf dem Feld

Das „hocken“ der Getreidegarben hatte den Zweck der Nachtrocknung und der Überbrückung der Zeit bis zum Abfahren derselben in die Scheunen oder Mieten. Unangenehm war das „hocken“ von Gerste, weil sich hier die „Grannen“ (harte Fortsätze an den Getreidehülsenspitze mit kleinen Widerhaken) in die Kleidung und auch in die Haut der Unterarme bohrten. Ähnlich unangenehm war es, wenn sich in den Garben Distel befanden. Auch über den Stoppelacker sind wir Kinder manchmal barfuß gelaufen. Hierbei musste man eine bestimmte Technik der Fußstellung beachten und damit die Stoppeln umbiegen, so dass sie sich nicht in die Fußsohle bohren konnten. Das lernte man aber sehr schnell durch böse blutige Erfahrungen die man sammelte, wenn man diese angeratene Lauftechnik nicht beachtete.

Die Getreidemieten vor der Feldscheune oder auf dem Mietenplatz wurden kreisrund angelegt und hatten einen Durchmesser von ca. 6 bis 8 Meter. Auch hier war korrektes Packen angesagt. Ähnlich der Verladung auf die Leiterwagen, kamen die Garben mit den Ähren zur Mitte der Miete zu liegen. Hierbei überlagerten die Garben leicht von den inneren zu den äußeren Mietenringen um einen Verbund herzustellen und die Festigkeit der Miete zu erhöhen. Auch hier arbeiteten die „Packer“ im Kreis um sich herum. Für die Dachschicht wurde die Mietenmitte etwas höher gepackt damit das Regenwasser ein Gefälle zum Mietenrand hatte und gut ablaufen konnte. Eine solche Getreidemiete hatte schnell eine Höhe von 5 bis 6 und mehr Meter erreicht. Auch diese Mieten wurden in Reihe aufgebaut, so dass beim Dreschen nur der Lanz-Bulldock, der Dreschkasten und die Strohpresse verrückt wurden. Die Dreschmaschine (Dreschkasten) wurde dabei dicht an die Miete heranbugsiert damit kurze Arbeitswege entstanden. Das war die Aufgabe des Maschinisten, der auch für die Reinigung und die zuverlässige Funktion der Maschinen verantwortlich war.

- Bild zensiert - Dreschkasten

Etwa oben und mittig des Dreschkastens befand sich der Eingabetisch mit einem Schlitz in der Tischmitte. An diesem Tisch standen sich 2 Frauen gegenüber die die Garbenbänder der Garben, die ihnen zugeworfenen wurden, mit einem Messer zerschnitten, die Halme der Garben auflockerten und in diesen Schlitz fallen ließen. Am Ende des Dreschvorganges stand die Strohpresse. Diese sammelte das Stroh der ausgedroschenen Garben und bündelte es zu einem eher eckigen Ballen der von zwei kräftigeren Bändern zusammengehalten wurde. Diese Strohballen wurden sofort wieder zu einer Miete gepackt. Da diese Ballen schwerer als die Getreidegarben waren, wurden sie auf der Strohmiete von Etage (ca. 4 bis 5 Lagen) zu Etage höhergestakt. Die Getreidekörner kamen vorn am Dreschkasten heraus. Hier befanden sich nebeneinander 3 bis 4 Schieber die jeweils einen Klemmstutzen hatten. An diesen Klemmstutzen wurde der Getreidesack mit der Öffnung angeklemmt. Die Sackunterseite ruhte auf einem Ablagebrett welches fest mit dem Dreschkasten verbunden war (ähnlich einem Trittbrett). Bei geöffneten Schiebern füllten sich die Säcke zunehmend. Nach Augenmaß, wenn die Säcke ein Gewicht von ca. 50 kg hatten wurden sie von der Halterung abgenommen, gewogen und bei Bedarf aufgefüllt, zugebunden und abtransportiert. Die ersten Mähdrescher der „MAS“ (Maschinen-Ausleih-Station) sahen praktisch so aus, wie ein Dreschkasten mit Motor zum Eigenantrieb und dem Schneidwerk eines Mähbinders an der Vorderseite, über dem sich ein offener Führerstand befand. Die Sackabfülleinrichtung des Mähdreschers hatte diese Vorrichtung natürlich hinten, das Stroh wurde seitlich ausgeworfen und in Schwaden abgelegt. Bei der Abnahme des Getreides musste man hinter der Dreschmaschine hinterherlaufen, die Getreidesäcke wechseln und auf dem Feld ablegen. Das erforderte Schnelligkeit, Kraft und Ausdauer. Der Getreidedrusch war eine sehr staubige Angelegenheit so dass die Maschinen und die daran arbeitenden Menschen ständig von einer Staubwolke umgeben waren. Auf dem Mietenplatz nahm der Wind gelegentlich den Staubschleier weg. In der Scheune hingegen musste man in der Staubwolke aushalten. Der Staub kratze auch sehr im Hals und erzeugte Durst. In den Arbeitspausen wurde deshalb kräftig mit „Muckefuck“ (Malzkaffee) und gelegentlich mit klarem Kartoffel- oder Rübenschnaps gespült. Der geneigte Leser kann sich somit vorstellen, dass eine ganze Menge an Arbeitskräfte in der damaligen Landwirtschaftsform notwendig waren um diese Arbeiten zu bewältigen. Deshalb verwundert es nicht, dass es damals sehr viel mehr Landarbeiter, im Gegensatz zu heute gab. Mit aus diesem Grund waren viele junge Frauen und Männer in den sogenannten „Landjahren“ bei den Bauern im Dorf für ein Jahr in „Stellung“, so die damalige Bezeichnung. Manche junge Menschen aus diesem Kreis arbeiteten sich so gut ein, dass sie auch länger als ein Jahr bei „ihrem“ Bauern blieben. Einige der jungen Frauen hatten gar das Glück, in die Bauernhaushalte einzuheiraten und hier eine eigene Familie zu gründen.

Ernte, Ernte, Ernte

Aber die Erntezeit begann ja schon Anfang des Sommers mit der Heugewinnung in den Wiesen. Neben der Sense gab es dafür eine einfache mechanische Mähmaschine mit einem Mähbalken. Diese bestand aus einem stationären und einem beweglichen Messerträger. Ähnlich dem Prinzip der heutigen Heckenschere. Die Maschine hatte eine Achse und zwei Metallräder mit einer Kraftübertragung zum Mähbalken. Über der Achse war ein metallener Sitz angebracht auf dem der Kutscher Platz nahm. Das Ganze wurde durch ein vorgespanntes Pferd gezogen. Das abgeschnittene Gras wurde durch einen, seitlich des Mähbalkens angebrachten, Metallbügel auf „Schwaden“ gelegt.

- Bild zensiert - Grasmähbalken dahinter Heuwender und Hungerharke

Dieser „Schwaden“ wurde mehrere Tage zum Trocknen liegen gelassen. Anschließend wurde der Schwaden von den Bauersfrauen und Helferinnen mit einer hölzernen Harke gewendet und zum besseren abtrocknen etwas auseinandergezogen. Diese Prozedur wurde mehrmals wiederholt, bis das Heu vollkommen trocken war. Später kam dann auch ein einspänniger mechanischer Heuwender zum Einsatz. Das dann getrocknete Heu wurde in kleine Häufchen zusammengeharkt. Anschließend kam wieder der Leiterwagen mit der Beladungstechnik, wie schon beschrieben, zum Einsatz. Das Heu wurde allerdings nicht gebündelt, sondern immer in Mengen die die Stakforke (Heugabel) vom Haufen erwischen konnte, auf den Wagen hochgereicht und dort gepackt. Am Ende der Beladung wurden wieder die Binder über die gesamte Ladung gespannt und die losen Heuanteile an den Seiten mit der Forke abgestreift, damit nichts auf dem Transport in die Scheune verloren gehen konnte. Um auch wirklich alles Heu von der Wiese zu bekommen, wurde anschließend eine mechanische Harke, „Hungerharke“ genannt, eingesetzt.

- Bild zensiert - Hungerharke

Das war ein 2½ Meter breites zweirädriges Gefährt bei dem auf einer zweiten Achse in kurzen Abständen halbkreisförmigen Rundstahlzinken befestigt waren die als Harke über den Wiesenboden geführt wurden und fast alle zurückgebliebenen Heuanteile aufnahm. Über der Hauptachse befand sich, genau wie über dem Balkenmäher, ein metallener Sitz für den Kutscher. Die „Hungerharke“ wurde einspännig gezogen.

- Bild zensiert - Hungerharke mit Pferd im Einsatz

Wenn sich in der Zinkenreihe genügend Heuhalme angesammelt hatten, konnte man die Zinken mit Hebelkraft anheben, so dass das Heu wieder in einem „Schwaden“ zu liegen kam und zur Heimfahrt bereitlag. Besonders zu Sommeranfang hatten wir in Alt-Pannekow kurze, aber heftige Gewitter. Dadurch erforderte die Heuernte ein schnelles Handeln um alles trocken unter Dach und Fach zu bekommen. Wenn für die zweite Heuernte kein Platz in der Scheune war, wurde es auf der Wiese oder dem Hof auf sogenannte „Heureuter“ gepackt. Das waren Holzstangen von ca. 3 Meter Länge die wie ein Dreibein aufgestellt wurden und an denen in ca. 50 Zentimeter Höhe Querhölzer befestigt wurden. Auf diese Querhölzer wurde nun das Heu rundherum bis zur Spitze der Pyramide gepackt. Durch diese Packweise konnte eine Luftzirkulation erreicht werden die ein vermodern des Heues verhinderten. Heu war ein wichtiges Futtermittel für fast alle Tiere des Bauernhofes und wurde dementsprechend aufmerksam behandelt. Auf unserer Streuobstwiese hatten wir eine Birnensorte die im Herbst noch steinhart war. Diese Birnen haben wir in der Scheune, im Heu gelagert und zum Jahresende waren sie dann ein wahrer Genuss. Neben dem saftig zuckersüßen Eigengeschmack hatten sie auch noch den Duft nach frischem Heu.

Vom Frühjahr bis zum Herbst, solange wie das Wachstum der Pflanzen und Gräser anhielt, wurde für die Tiere Grünfutter angebaut und geerntet. Das Grünfutter waren Gräser, Klee, Luzerne, Lupinen aber auch Brennnessel oder „Schweinekohl“ von Brachflächen. Diese wurde nach dem täglichen Bedarf mit der Sense gemäht, zum Hof gebracht und meist frisch oder angewelkt verfüttert.

Kartoffeln, Kartoffeln, Kartoffeln

Im Frühjahr, ungefähr ab Mitte April kamen die Pflanzkartoffeln auf den Feldern in die Erde um zu wachsen und um sich hier in 100 Tagen zu vermehren. Dazu wurden die Pflanzlöcher mit einer einfachen, von einem Pferd gezogenen, Lochmaschine vorbereitet. Der Lochabstand in der Reihe war durch das Flügelrad mit den kleinen Spateln vorgegeben. Den Reihenabstand konnte man am Geräteträger selber festlegen und der richtete sich nach dem vorhandenen Häufelpflug der nach dem Legen der Saatkartoffeln zum Einsatz kam.

- Bild zensiert - Lochmaschine

Nachdem die Pflanzreihen so vorbereitet waren, ging es an das Legen der Pflanzkartoffel. Dazu nutzte man eine Saatmulde. Das war eine nierenförmige Mulde aus Aluminium oder Kunststoff mit einem breiten Schultergurt. Diese Saatmulde füllte man mit Pflanzkartoffeln, hängte sie sich vorn oder seitlich an den Körper und folgte der Lochreihe. In jedes Pflanzloch kam eine Saatkartoffel und wurde beim vorwärtsschreiten mit dem Fuß im Loch festgedrückt. Anschließend wurden diese Pflanzreihen mit einem Häufelpflug angehäufelt so dass die Saatkartoffeln mit Erde bedeckt wurden. Auch der Häufelpflug wurde von Pferden gezogen. Der Pflug hatte praktisch zwei Schare die V-förmig angeordnet waren und die Erde nach links und rechts aufwarf. So entstand zwischen den gelegten Kartoffelreihen eine über den ganzen Acker reichende Furche, die sich in den o.gen. Reihenabstand über die ganze Breite der Anbaufläche wiederholte. Das sah dann aus, als ob dort jemand mit einem Riesenkamm die Erde bearbeitet hätte. Nach dem Austrieb der Kartoffelpflanzen wurde das „Häufeln“ mit dem genannten Pflug wiederholt weil ein Teil der aufgeworfene Erden durch den Frühlingsregen in die Furche gespült worden war und auch andere Pflanzen (sprich Unkräuter) ans Licht wollten. Es wurde praktisch der Pflanzhügel erneuert und das Unkraut am Wuchs gehindert. Das Kartoffelkraut ist schnell wachsend, bedeckt die Reihen und anschließend auch die Furchen so dass dann kaum noch Unkräuter eine Wachstumschance haben. Das junge zarte Kartoffelkraut zog jetzt aber auch Schädlinge, die Kartoffelkäfer an, gegen die wir keine chemische Abwehr hatten. Hier kamen auch wir Kinder wieder ins Spiel. Mit einem alten Einweckglas plus Deckel bewaffnet, gingen wir den Kartoffelreihen nach und sammelten die Käfer mitsamt ihrer gefräßigen Brut dort hinein. Gleichzeitig selektierten wir dabei kranke Kartoffelpflanzen aus den Reihen. Die Kartoffelkäfer, deren Larven und die kranken Pflanzen wurden dann in einem Feuer am Feldrand vernichtet. Bis zum Herbst hatte der Kartoffelacker dann seine Ruhe und die Knollen konnten wachsen. Die Kartoffelernte ab September war dann wieder eine Aktion aller verfügbaren Kräfte auf den Höfen mit zusätzlichen Helfern aus den nicht berufstätigen Dorfbewohnern und uns Schulkinder. Im eigenen Garten reichte zur Kartoffelernte ein simpler Kartoffelkratzer. Eine kurzstielige, mit vier gebogenen Zinken versehene Hacke, mit der man die Kartoffeln aus der Erde kratzte. Das Kartoffelkraut wurde beiseitegelegt. Auf dem Kartoffelacker hingegen kam damals eine Kartoffelschleuder zum Einsatz die wiederum von Pferden gezogen wurde.

- Bild zensiert - Kartoffelschleuder

Ein breiter halbrunder Pflugschar grub sich unter die Kartoffelpflanze, hob sie durch die Schrägstellung an und durch das Zinkenrad wurden die Kartoffeln plus Erdreich und Kraut zur Seite weggeschleudert. Je schneller der Bauer mit dem Gerät durch den Acker pflügte, desto weiter flogen die Kartoffeln, wurden breit verstreut und ließen sich schwieriger einsammeln. Jeder Sammler bekam eine kurze Strecke entlang der Reihe zugewiesen, die er schnell abzusammeln hatte bevor der Bauer mit der Kartoffelschleuder die nächste Reihe in Angriff nahm. Gesammelt wurden die Kartoffeln in handliche Körbe aus Weiden- oder Drahtgeflecht. Anschließend wurde der Inhalt der Körbe auf einem Haufen entleert und weiter ging es dann wieder zurück zur angewiesenen Sammelstrecke um den Sammeltakt wiederaufzunehmen. In diesen auf dem Acker gebildeten Haufen sollten die Kartoffeln weitestgehend abtrocknen. Über Nacht wurden die Haufen mit dem trockenen Kartoffelkraut abgedeckt und bildeten dadurch einen Schutz gegen die schon einsetzenden Nachtfröste. Beim späteren Abfahren diese Kartoffeln vom Acker in hofnahe Kartoffelmieten, blieb das Kartoffelkraut hier zurück. Entsprechend der geschätzten Menge der geernteten Kartoffeln wurde auf dem vorgesehenen Mietenplatz eine längliche Mulde ausgehoben und der Erdaushub zur Seite abgelegt. Sodann kam eine sehr dünne Strohlage auf den Lagerboden in die Mulde. Darauf wurden die Die Kartoffeln in Form einer langen Pyramide aufgeschüttet und mit einer dickeren Strohschicht bedeckt. Auf diese Strohschicht kam dann die Erde von dem vorher beiseitegelegten Aushub als Deckschicht obendrauf die mit dem Druck des Schaufelblattes etwas verdichtet wurde. Zur Spitze der Miete hin wurde weniger Erde aufgetragen, so dass die Miete durch das stellenweise herausragende Stroh eine natürliche Belüftung erhielt. In der Regel wurden diese Mieten in Nord- Südrichtung angelegt. Im Winter wurde die Miete an der Südseite geöffnet um die benötigte Kartoffelmenge zu entnehmen. Diese Richtungsanordnung hatte den Vorteil, dass die wärmenden Sonnenstrahlen die Deckschicht hier schon erweicht hatten und die Miete schnell geöffnet werden konnte. Das geschah meist an Tagen ohne strengen Frost, weil sonst die Kartoffeln erfrieren würden. Nach der Entnahme der Kartoffeln musste die Miete sofort wieder mit dem Stroh und der Erde geschlossen werden. Diese Mieten wurden überwiegend für Futterkartoffeln angelegt. Die Speisekartoffeln kamen, vorher sorgfältig von kranke und angestochene Knollen selektiert, in den Haus- oder Scheunenkeller. Auch hier wurde zur Belüftung der Kartoffeln das Kellerloch (Kellerfenster) mit einem Strohbund verstopft und nur bei strengem Frost mit der zum Kellerloch gehörenden Holzklappe geschlossen.

Mit Eggen wurde das Kartoffelkraut gesammelt und anschließend verbrannt. In der Glut des Kartoffelkrautes, welches wir gerne auch von den anderen Haufen herantrugen, rösteten wir einige Kartoffeln die wir nach dem „Eggen“ auf dem Acker fanden und die sich vorher unter Erdbatzen oder dem Kraut versteckt hatten. Diese Kartoffeln waren nicht gewaschen, hatten durch die heiße Glut eine verkohlte Pelle die wir mit unseren erdigen Finger zum Teil abpulten um dann die so gegarten Kartoffeln mit Genuss zu essen. Keines der Kinder die hieran beteiligt waren wurde dadurch jemals Krank oder hatte andere Beschwerden. Übrigens wurden die einfachen Zinkeneggen auch zur Unkrautbekämpfung oder deren Wachstumsstörung benutzt. Dazu wurden z.B. drei Eggenteile miteinander verkettet die von einem Pferd über den Acker gezogen wurde. Als Jungen machten wir es nach dem Märchen „Der Igel und der Hase“. Kurz vor dem Ackerende (also dem sogenannten Vorgewende) postierte sich jeweils einer von uns, nahm das Pferd mit den Eggen in Empfang, drehte das Gespann zur nächsten Spur um und schickte es zu dem anderen zurück. Gleichzeitig mit dem Drehen des Gespanns haben wir die Eggen, die durch ihre Zinken Kräuter, Halme oder Ähnliches gesammelten hatten, durch Anheben der Eggenteile entlastet. Um es uns bequem zu machen, kam uns hier wieder unser Haselnussbusch zur Hilfe, indem er uns Stöcke mit nur einem Seitenastwuchs zur verfügeng stellte. Der abzweigende Ast wurde nach ca. 10 Zentimeter abgeschnitten und der Hauptast entsprechend unserer Körpergröße auf Länge geschnitten. Jetzt brauchten wir uns zum Anheben der Eggen nicht zu bücken. Mit diesem Haken aus Haselnuss war es ganz einfach die drei Eggenteile nacheinander anzuheben. Danach waren wir gleich wieder auf der Position um die nächste Kehre einzuleiten. In der Zwischenzeit beobachteten wir, entsprechend der Jahreszeit, die gen Süden fliegende Kraniche, Wildgänse oder auch einfach nur die ziehenden Wolkengebilde. Da diese Arbeit keinen wesentlichen Lärm verursachte und kein Wild verschreckte, kamen uns aber auch Rehe, Feldhasen, Rebhühner und auch Füchse zu Gesicht. Durch die Egge wurden aber auch die Feldmäuse in ihren oberfächennahen Gängen gestört und über die Erde getrieben. Deshalb war es schön mit anzusehen, wie die Habichte oder auch Milane aus großen Höhen herabstürzten und sich hier ihre Beute holten. Irgendwie hat sich unser Tun bei den Greifvögeln sehr schnell herumgesprochen, denn im nu waren etliche davon über dem Acker kreisend und auf Beute lauernd zu sehen, um dann im richtigen Moment in den Sturzflug zu gehen und die Mäuse zu schlagen. Durch solche Beobachtungen wurde uns die Arbeit nicht langweilig, sondern machte uns meistens richtig Freude und Spaß.

- Bild zensiert - Hier ein Eggenteil

Rüben, Runkel und Wruken

Sehr arbeitsintensiv und aufwändig war die Pflege und Ernte der Hackfrüchte. Die Runkel- und Zuckerrüben- sowie die Wrukensamen wurden mit der Drillmaschine ausgebracht.

- Bild zensiert - Alte Drillmaschine

Dadurch wuchsen sie dann in einer Reihe auf und die Pflanzen standen sehr dicht beieinander. Für ein gezieltes Einzelwachstum war das natürlich nicht erwünscht und sie mussten vereinzelt werden. Mit einer Hacke wurden die einzelnen Reihen gelichtet, so dass nur ein Paar Pflänzchen nach jeder Hackenbreite (ca. 25 bis 30 Zentimeter) stehen blieben. Aber auch das waren noch zu viele Pflänzchen die sich beim Wachstum gegenseitig stören würden. Deshalb erfolgte nun der Einsatz aller verfügbaren Kräfte der Höfe und Helfer aus anderen Bereichen. Auch wir größeren Kinder waren hier gefordert. Jetzt mussten die übrig gebliebenen Pflänzchen vereinzelt, „verzogen“ werden. Dazu gab es eine kurzstielige „Krellhacke“ mit der der Boden um die Pflanzen gelockert und von Unkräutern befreit wurde. Von den Pflanzenbüscheln blieb nur eine, die am kräftigsten entwickelte Pflanze stehen. Alle anderen wurden mit den Fingern vorsichtig rausgezogen. Das konnte nur in Armlänge geschehen. Also, so lange man es aushielt, wurde diese Arbeit in gebückter Haltung erledigt oder man ging in oder auf die Knie, so dass man auf alle „Viere“ über den Acker kriechend die Tätigkeit ausführte.

- Bild zensiert - Frauen beim Pflanzen verziehen

Wir Kinder machten uns so über ein bis zwei Reihen her. Die Erwachsenen hatten eine größere Reichweite und nahmen mehrere Reihen in Arbeit. Die Rübenschläge waren meist sehr lang und reichten beispielsweise von der Straße bis zum Dölitzer Wald. Wenn die Sonne an manchen Tagen erbarmungslos am Himmel stand, holte sich so mancher ganz schnell einen Sonnenbrand, dazu trocknete der Ackerboden schnell aus und wurde an lehmigen Stellen steinhart. Wenn man dann auf die Knie musste, waren diese auch schon mal zerschunden. Gegen die Sonne schützten wir uns mit leichter Bekleidung und einem Strohhut. Da dieses „Rübenverziehen“ eine gemeinschaftliche Arbeit war, konnte es auch kurzweilig sein, wenn Witze und Geschichten erzählt wurden oder wenn die Mädchen und Landarbeiterinnen ihrer Sangesfreude freien Lauf ließen. Ansonsten war diese Tätigkeit eine jährlich wiederkehrende Tortur für Groß und Klein.

Weil damals noch keine Unkrautvernichtungsmittel verwendet wurden, musste man dem Unkraut auf mechanischem Weg den Garaus machen. Auf den Zuckerrüben- und Runkelrübenfelder wurde das mit einer normalen Hacke erledigt und wurde als „Rundhacke“ bezeichnet. Also, rund um die Pflanze das Unkraut weghacken. Das konnte man dann in aufrechter Körperhaltung erledigen, war nicht so beschwerlich wie das „vereinzeln“ und ging schneller „von der Hand“, wie man so sagt.

- Bild zensiert - Familie beim Rübenhacken

Wenn die Rübenblätter dann voll ausgebildet waren und kein Licht auf den Ackerboden ließen, hatten Unkräuter keine Wachstumsmöglichkeiten mehr und wir hatten bis zur Ernte einigermaßen Ruhe vor Jätarbeiten auf diesen Feldern. Erst im Herbst ging es hier mit der Plackerei weiter. Runkelrüben wachsen fast zur Gänze aus der Erde heraus. Nur die Wurzel und der untere Teil der Rübe stecken hier in dem Ackerboden. Die Runkelrüben wurden mit der Hand aus der Erde gezogen und säuberlich in Reihen abgelegt. Wenn das über den ganzen Anbau geschehen war, wurde mit einem kurzen Hackmesser das Rübenblatt von der Runkelrübe säuberlich abgeschlagen und beide Teile in getrennte Haufen abgelegt.

- Bild zensiert - Hackmesser

Mit diesem Hackmesser wurde anfangs auch die Runkel in kleinere Stücke gehauen und in die Futterkrippe geschüttet. Später gab es auch schon Rübenmühlen. Am unteren Ende eines Einfülltrichters befand sich eine Welle mit gewinkelten Messern. Diese Welle wurde von der Außenseite mittels eines großen Schwungrades, an dem ein Kurbelgriff eingeschraubt war, mit eigener Muskelkraft in Bewegung gesetzt. Die so gewonnenen Rübenstücke wurden in einem darunter stehenden Futtereimer aufgefangen. Das Rübenblatt wurde als Grünfutter verwertet. Da die Runkelrüben ausschließlich als Winterfutter dienten, verblieben sie im Besitz des Bauern. Die Runkelrüben wurden vom Acker abgefahren und auf dem jeweiligen Hof, oder einem Hof nahem Feld in einer Miete, wie beiden Kartoffeln beschrieben, eingelagert. Wruken wurden in kleineren Mengen ebenfalls als Futtergrundlage aber auch für den Verzehr angebaut. Im Winter war ein Wrukeneintopf mit Kartoffeln und fettem Schweinebauchfleisch ein nahrhaftes und wohlschmeckendes Essen.

Bei den Zuckerrüben war die Verfahrensweise ähnlich. Allerdings ist hier der Rübenkörper in die Erde hineingewachsen so dass nur ein kleiner Teil mit dem Rübenblatt herausragte und deshalb nicht so einfach zu roden war. Um die Zuckerrüben aus der Erde zu holen bediente man sich eines Rübenhebers.

- Bild zensiert - Rübenheber

Das war ein kurzstieliges Teil mit zwei Zinken welche an ein Omega Zeichen erinnern. Ein Rechtshänder z.B. drückte dieses Teil neben der Zuckerrübe in die Erde, fasste mit der linken Hand das Rübenblatt und hebelte mit der Rechten die Rübe aus dem Boden. Das weitere Verfahren ähnelte der Runkelrübenernte. Später wurde auch schon ein Rübenpflug verwendet. Zuvor musste das Kraut mit einem langstieligen Rübenmesser abgeschnitten und neben der Reihe abgelegt oder auf einen Haufen geworfen werden. Mit etwas Übung und gutem Augenmaß gelang es, das Rübenblatt knapp unter dem Ansatz abzuschneiden ohne dem Zuckerrübenkörper zu viel Substanz wegzunehmen. Diese Arbeit wurde erleichtert, wenn man das Rübenmesser wirklich in schneidender Bewegung zwischen dem Rübenblatt und dem Rübenkopf entlangführte und das Kraut mit dem Bügel auffing. Manche versuchten das Kraut mit stoßartigen Bewegungen abzuhacken. Das hatte allerdings zur Folge, dass das abgestoßene Kraut sonst wohin flog und für den Stoß unnötig viel Kraft aufgewendet wurde und somit zu schneller Ermüdung der Muskeln führte.

- Bild zensiert - Rübenmesser mit Krautfangbügel

Die Zuckerrüben wurden allerdings nicht eingemietet, sondern wurden zum Feldrand an die Straße gebracht und zum Abtransport in die Zuckerfabrik in großen Haufen abgelegt. Diese Zuckerrüben wurden dann zu den Bahnhöfen nach Gnoien oder Schorrentin gebracht, in Waggons verladen und an die Zuckerfabriken versandt. Als Rückware konnten die Bauern Zuckerrübenschnitzel (Melasse) bekommen die vor allem als Futter für die Schweine und Rinder beliebt waren. In einigen Fällen wurden geringe Teile der Zuckerrübenernte auch für den Eigenbedarf verwendet und zwar für die Herstellung von Zuckerrübensirup. Dazu wurden die Zuckerrüben gereinigt, gegart, und geschnitzelt. Diese Schnitzel wurden mit einer Spindelpresse ausgepresst. Der so gewonnene Rübensaft wurde in einem Kessel unter ständigem Rühren solange eingekocht, bis er zur brauchbaren Konsistenz verdickt war. Dieser Sirup wurde als Brotaufstrich aber auch zum Backen von verschiedenen Kuchen verwendet. Bei uns Kinder waren dabei die am oberen Rand des Kessels anhaftenden und durch die Hitze ausgehärteten Krusten interessant. Die Krustenstücke ließen sich wie Bonbons lutschen und schmeckten besser als die gekauften aus den Tüten beim Händler oder dem Konsum. Den Geschmack dieses reinen Naturproduktes kann man sein Leben lang nicht vergessen. Heute kommt diesem Geschmack der Sirup der „Zörbiger Überrübe“ am nächsten und der findet sich deshalb auch auf meinem Frühstückstoast wieder. Übrigens, Zörbig liegt in der Magdeburger Börde und die war zu DDR-Zeiten das Haupanbaugebiet für Zuckerrüben. Spaßeshalber kursierte bei uns das Gerücht, das in der Börde die Zuckerrübe wohl das einzige Schattenspendende Gewächs wäre. Heute kann man es ja wegen der Verjährung ruhig sagen, dass nicht nur Sirup gekocht wurde, sondern aus dem Saft der Zuckerrübe auch vortreffliche süffige geistige Getränke gebrannt wurden. Ähnliches konnte und hat man auch aus den Kartoffeln gewonnen, so das für allerlei Feierlichkeiten immer was angeboten werden konnte. Zu der Zeit damals (1946/47) kostete eine Flasche Schnaps bei der HO (Handelsorganisation) so um die 200 Mark. Die o.gen. Spindelpresse wurde aber auch zum Auspressen anderer Früchte genutzt. So wurde der Saft der Johannisbeere, der Erdbeere, des Rhabarbers, der Traubenfrüchte, der Äpfel usw. zur Weingewinnung in große Glasballone angesetzt.

- Bild zensiert - Weinballon

Diese Weine wurden gerne als Tischweine aber auch zu Familienfeiern angeboten.

Gefeiert wurde gut und gerne, auch trotz der schweren Nachkriegszeit und der harten Arbeit auf den Feldern und Höfen. Auch hier zeigten sich alle Alt-Pannekower in der Dorfgemeinschaft solidarisch. Ich nenne hier mal nur drei Feierlichkeiten die uns Kinder damals viel Freude bereiteten. Das waren das Mai-, Kinder- und das Erntefest. In Vorbereitung dieser Feiern hat jede Familie ihren Beitrag geleistet. Es ging hier um die kulinarische Versorgung der Feiernden. Jeder gab, entsprechend seinen Möglichkeiten aber auch nach den Vorgaben der Köchinnen und Bäckerinnen Naturalien ab. Das waren dann, Mehl, Eier, Zucker, Backfette, Butter, Oel, Fleisch- und Wurstwaren, Salzgurken, Gewürzgurken z.B. für den Kartoffelsalat usw. Das alles wurde gesammelt und in die Gutshausküche gebracht. Dort stand ein riesiger Herd mit mehreren Kochfeldern und einer großen Backröhre zur Verfügung an dem die Köchinnen und Bäckerinnen das Festmahl bereiteten, das an den Feiertagen an alle kostenlos abgegeben wurde. Die Feiern fanden stets in und um die Baracke im Gutspark statt. Zuvor wurde aber noch ein Einladungsmarsch durch das ganze Dorf gemacht. Zum Kindertagsmarsch führten wir selbstgebastelte und geschmückte Blumensträuße an einem längeren Stock mit, die Mädchen hatten sich Blumengebinde um eine biegsame Weidengerte geschlungen die dann von zwei Mädchen an der Spitze der Kolonne getragen wurden. Mit fröhlichem Gesang ging es dann die Dorfstraße entlang. Dazu muss ich sagen, dass damals sehr viele Kinder und Jugendliche in Alt-Pannekow lebten. Die meisten Familien hatten zwei bis vier Kinder und Heranwachsende. Zum Erntefest war es dann noch toller. Hier machten ja auch die Erwachsenen mit. Auch hier gab es den Umzug durchs Dorf mit einer Erntekrone vorneweg die von zwei Bauern mit ihren Heugabeln getragen wurden, auf deren Zinken rotbäckige Äpfel gespießt waren. Dann folgten Musiker die dem Marsch den richtigen Schwung gaben. Hinterher wir Kinder mit gebastelten und echten Sonnenblumen und einen Großteil der Dorfbewohner. Das Ganze fand sich anschließend auf dem Festplatz vor der Baracke ein wo ausgiebig gefeiert wurde.

Für die Erwachsenen ging das Fest in der Baracke beim Tanzvergnügen bis in die frühen Morgenstunden, bis die Pflicht zur der Versorgung der Tiere wieder rief. Es mussten die Kühe gemolken und alle Tier gefüttert werden. Die hatten leider von der Feier- und Prasserei kaum was abgekriegt.

Die Kühe waren vom Frühjahr bis zum späten Herbst im Freiland auf den Koppeln und in den Wiesen. Dort wurden sie am Abend und am Morgen von Hand gemolken. Die Melkerinnen oder Melker legten die Wege bis zu ihren Kühen auf Fahrrädern oder dem Pferdewagen zurück. Der Melkeimer, der Melkschemel und die 20 Liter Milchkannen kamen dabei links und rechts an den Fahrradlenker oder auf den Wagen und wurden so auch wieder zum Hof zurückgebracht.

- Bild zensiert - Aluminiummilchkanne

Hier wurde die Milch durch ein Seihtuch von groben Verunreinigungen wie Stroh, Haare oder Laub gereinigt. Nach dieser Prozedur wurden die Milchkannen auf der Rampe an der Straße vor dem Bauernhaus abgestellt. Diese „Milchrampe“ bestand aus Holzbohlen auf entsprechende Stützen und hatte eine Höhe von schätzungsweise 1,20 bis 1,30 Meter. An diese Rampen konnte mit dem „Milchwagen“ dicht herangefahren werden und der Fahrer musste nicht absteigen um die Milchbehälter auf den Wagen zu verladen. Er übernahm hier die Kannen und brachte sie zur Molkerei nach Altkalen. Entsprechend einer Absprache wechselten sich die Bauern mit dem Milchfahren ab. Da die Milchkannen durch Namen oder Farben des Besitzers gekennzeichnet waren, konnten die Milchmengen für die einzelnen Höfe korrekt ermittelt und registriert werden. Der „Milchkutscher“ musste die Kannen entsprechend des jeweiligen Hofes ordnen und den Inhalt in den Aufnahmebehälter einer Milchwaage entleeren. Diese Mengen wurden säuberlich in einem Annahmebuch registriert und dem jeweiligen Bauer monatlich berechnet. Als Rückwaren gab es, entsprechend der Bestellung der Bauern, Butter, Quark und Molke. Die „Molke“ ist eine Flüssigkeit welche bei der Käseherstellung anfällt und wertvolle Mineralien sowie noch ein wenig Fett enthält. Diese Molke wurde gerne dem Schweinefutter beigemischt. Es entstand so eine suppige Mischung von Kleie, Getreideschrot, gedämpften und gestampften oder gequetschten Kartoffeln und z.B. Zuckerrübenschnitzel. Über diesen Brei machten sich die Ferkel und Schweine mit wohligem Schmatzen und Grunzen her, dass es für jeden Bauer eine wahre Freude war dem zuzuhören und zuzusehen. Oftmals bekam der „Milchkutscher“, wie wir ihn bezeichneten, von den Bauersfrauen Einkaufsaufträge und Geld für den Bäcker- und dem Krämerladen in Altkalen. Damals gab es noch keinen „Konsum“ in Alt-Pannekow. Den Bestellzettel und das Geld legten die Frauen morgens auf ihre Milchkannen. Der „Milchkutscher“ nutze für die Ware und das Wechselgeld den gleichen Weg zur Ablieferung. Von uns Kindern und Jugendlichen ist damals niemand auf die abwegige Idee gekommen, sich an diesen Dingen zu vergreifen. Da zu der Zeit alle wenig hatten und jeder zusehen mussten wie er über die „Runden“ kommt, wurden wir zur Ehrlichkeit und Achtung des Eigentums unseres Nachbarn erzogen. In der überschaubaren Dorfbevölkerung und der Achtsamkeit untereinander, wäre ein Übeltäter wahrscheinlich auch sehr schnell ermittelt worden. Vor dem Klarmannschen Gehöft, an den zwei alten Linden, stand eine größere Milchrampe die von mehreren Bauern genutzt wurde. Hier hatte der „Milchkutscher“ durch den größeren Platz um die Linden, auch eine bequeme Wendemöglichkeit. Diese Rampe war für uns Kinder manchmal Spielplatz und Treffpunkt. Man konnte auf- und unter ihr sitzen, sich dort spielerisch beschäftigen oder auf ihr herumturnen. Am Platz vor den Linden gabelten sich die Kopfsteinplasterwege. Geradeaus ging es, am Dorfteich vorbei, zum Bobrowskinschen Gehöft und dem hinteren Gutshausteil. Zwischen den Linden und dem Klarmannschen Gehöft führte der Pflasterweg zur und um die Gutsscheune mit ihren vier Ein- und Durchfahrten herum, bis er dann hinter dem Kohnschen Gehöft wieder an der Dorfstraße endete. Hier am Übergang auf die Dorfstraße, die auch aus grobem Natursteinpflaster bestand, habe ich mir an einem solchen etwas herausragenden Stein meinen rechten großen Zeh dermaßen gestoßen, dass die Haut unterhalb des Zehennagels aufplatzte. Ist aber schnell wieder verheilt und hat keine weiteren Probleme bereitet. Solch kleine Verletzungen und Blessuren kamen beim Toben schon mal vor. Wir waren damals recht unbekümmert. Wenn ich daran denke, wie wir mit Fundmunition umgegangen sind, wird mir heute noch unbehaglich. Die größeren Jungen, die beim Jungvolk schon eine vormilitärische Ausbildung hatten, zeigten uns wie wir die Projektile von den Patronen einfach abkneifen konnten. Das Schwarzpulver aus der Patronenhülse haben wir auf ein Häufchen zusammengeschüttet und abgebrannt. Es brennt ganz harmlos und unspektakulär mit bläulicher Flamme ab. Die Projektile löteten wir zu einer Kette zusammen die wir uns wie die Indianer, die solche Halsketten aus Tierzähnen trugen, ebenfalls umhängten. Nur die Patronen mit Leuchtspurgeschosse konnten wir so nicht verwenden. Diese haben wir mit Feuer in einem Erdloch vernichtet. Trotz aller Warnungen der Erwachsenen, bauten wir uns Flitzbögen und später auch Armbrüste, mit denen man schon Schaden anrichten konnte. Zum Glück ist nie etwas Ernsthaftes passiert und wir haben all diese gefährlichen Spiele überlebt. Als Jugendlicher lernte ich dann von einem Ostpreußen, wie man einen Langbogen und Pfeile herstellt. Diese erworbenen Kenntnisse gingen mir nicht verloren, so dass ich meinem Urenkel einen schönen Langbogen fertigen konnte.

(...)

Zurück nach Alt-Pannekow. Wie ich bereits erwähnte, hatte das Dorf damals sehr viele Kinder und Jugendliche. Spiele entstanden spontan und waren dann auch immer von der Schar, die sich ohne Absprache zusammenfand, abhängig. Kinderkrippen oder Kindergärten gab es damals keine. Wir haben uns selbständig beschäftigt und dabei gelernt. Bei wenig zusammengekommene Kindern wurde eben Gemurmelt, kamen Hüpfspiele oder auch Fußballspiele wie „Hamburger Aus“ in Frage. Bei größeren Gruppen spielten wir dann „Völkerball“, „Räuber und Gendarm“ oder „Pfeilerjachten“ die bis in und um die Felder und Wälder führten. Oftmals verpassten wir dadurch den „Eismann“. Das war ein Darguner Unternehmer der im Sommer mit einem alten Auto und später dann schon mit einem speziell umgebauten Kleinbus „Garant 30 K“ und zwei Angestellte über die Dörfer fuhr und Speiseeis verkaufte. Schon weit vor dem Dorf ließ er mehrfach sein markantes Hupensignal ertönen damit sich die Bewohner zum Eishohlen vorbereiten konnten. Aber wenn wir weit im Wald waren, schafften wir es nicht mehr bis ins Dorf um uns für 10 Pfennig eine Kugel Eis zu kaufen. Im Wald wurden wir durch die Natur getröstet. Auf den gelichteten Holzeinschlagstellen wuchsen wunderbare Himbeeren von denen wir gerne naschten. In der Hauptreifezeit der Himbeeren zogen ganze Familien zum Ernten in den Wald. Zu Hause wurde dann für den Jahresvorrat Himbeersaft oder Himbeersirup hergestellt. Dieser Sirup mit frischem Wasser gemischt, ergab ein wohlschmeckendes und durststillendes Getränk im Sommer wie im Winter. Der Saft der Holunderbeeren wurde übrigens als fiebersenkendes Mittel und Durstlöscher genutzt. Auch der Holunderbusch bescherte uns Spielgeräte. Die jungen Buschtriebe haben ein sehr weiches Mark. Wir schnitten die Triebe zwischen den Knospenstellen in handliche Stücke und pulten das Mark heraus, so dass eine Röhre entstand die wir als Blasrohr benutzten. Munition dafür waren die noch festen grünen Holunderbeeren die wir von den Dolden streiften, in den Mund nahmen und durch das Rohr pusteten. Mit diesen Dingern haben wir uns gegenseitig beschossen oder führten Wettbewerbe im Weitschießen durch. Mit genügend „Puste“ und der richtigen Zungentechnik haben wir einige Meter erreicht und den Besten Blasrohrschützen ermittelt.

Aus jungen Weidentrieben, deren Rinde im Frühjahr viel Saft führte, stellten wir Flöten her. Auch hier kam wieder ein handliches gerades Rutenstück zum Einsatz. Am vorderen Ende wurde ein Mundstück mit dem Messer gestaltet und dahinter an der Oberseite eine schräge Kerbe ausgeschnitten. Ungefähr 3 cm am Ende des Rutenstückes wurde die Rinde bis zum Kernholz ringsherum eingeschnitten. Anschließend wurde die Rinde vom Mundstück bis zum geringelten Rindenschnitt, ganz vorsichtig mit dem Messerheft geklopft bis sie sich vom Holz zu lösen begann und abgezogen werden konnte. Dort wo die Kerbe eingeschnitten war, schnitten wir das Holz ab und hatten nun das fast fertige Mundstück in der Hand. Von diesem Mundstückholz schnitten wir an der Oberseite ungefähr ein Drittel des Holzes in Längsrichtung ab und steckten es passgenau in die vorher abgezogene Rindenröhre ein. Das übriggebliebene Restholz an dem 3 cm Rinde als Griffstück stehengeblieben war, wurde an der Kerbstelle glatt geschnitten und nun von hinten in die Rindenröhre gesteckt. Beim Pusten in das Mundstück und einer hin und herschiebenden Bewegung des Restholzes im Röhrenkörper konnten wir so unterschiedliche Flötentöne hervorrufen. Die Konzerte die wir erzeugten waren bestimmt nichts für empfindliche Ohren, aber wir hatten unseren Spaß und Beschäftigung. An dem Griffstück der Pfeifen haben wir Muster in die Rinde geschnitten und konnten dadurch die eigenen immer wiedererkennen.

Übrigens gab es damals kaum Spielgeräte zu kaufen. Allerdings hatten die meisten Eltern auch gar kein Geld um solche zu kaufen weil die Ernährung, Kleidung und Unterkunft im Vordergrund standen. Das wir im Sommer gern barfuß umherliefen hing auch mit der mangelnden Versorgung von Kinderschuhen zusammen. Preiswert waren Igelitschuhe. Igelit war ein Gummi-Kunststoffgemisch welches man in Schuhform gegossen hatte. Im Sommer unangenehm und eklig an den Füßen, deshalb lieber barfuß oder mit Holzpantoffel nach draußen. Aber zum Winteranfang wenn die Pfützen zugefroren waren, wurden diese Igelitschuhe zu den besten Gleitschuhen mit denen wir, nach einem kurzen Anlauf, wie der Blitz über die Pfützen sausten. Bei den Pfützen halfen wir mit zusätzlichem Wasser aus dem Teich oder dem Wasserhahn nach und hatten am nächsten Tag eine noch längere Schlitterbahn. Leider hatten die Kunststoffsohlen etwas gegen frostige Temperaturen und brachen bei Minustemperaturen und nach mehrmaligem Gebrauch unter dem Fußballen quer durch. Das Problem lösten wir mit einem alten Besteckmesser das wir im Küchenherd fast glühend erhitzten und damit die Kunststoffsohle wieder zusammenschweißten. Das hielt dann für die nächsten Rutschpartien und wiederholte sich bis die Dinger unbrauchbar wurden. Auch ausrangierte Gegenstände wurden damals zum Spielgerät. So nutzten wir z.B. alte Fahrradfelgen (die waren damals meistens aus Stahl) mit einem Stock als Treibrad. Mit dem Stock schoben wir die Felge schnell laufend vor uns her oder bremsten sie ab. Das passierte in der Vertiefung der Felgenmitte, dort wo vorher die Speichen befestigt waren. Zum Lenken der Felge legten wir den Stock links oder rechts mit entsprechendem Druck an und hatten das Spielgerät mehr oder weniger gut unter Kontrolle. Mit diesem Teil veranstalteten wir Wettrennen über eine vorher vereinbarte Laufstrecke.

Als es noch kaum Schlittschuhe gab, hatten fast alle Jungen einen Peickschlitten um damit über das glatte Eis zu flitzen. Um dafür eine gute und glatte Eisfläche zu erhalten, haben wir nach jedem Schneefall das Eis schnell beräumt. Später hatten wir dann einfache Schlittschuhe die mit Halteklemmen für die Schuhe versehen waren. Man setzte den Schuh auf diesen Schlittschuh und zog mit einem Schlüssel die auf einer Spindel befestigten Halteklammern an der Schuhsohle und den Schuhabsätze zusammen. Da aber das Leder mit der Zeit nachgab und der Halt dahin war, verloren wir manchmal die Schlittschuhe. Die Schuhabsätze aus Leder waren meist mit Holznägeln an den Sohlen befestigt und hatten keine Chance den daran ziehenden Kräften beim Schlittschuhlaufen entgegenzuwirken. Deshalb hießen diese Schlittschuhe bei uns „Hackenreißer“. Daraufhin sicherten wir diese Schlittschuhe zusätzlich mit Lederriemen an unsere Winterschuhe. Das sah abenteuerlich aus, half aber die Schuhe intakt zu halten. Hockeyschläger gab es kaum zu kaufen, deshalb behalfen wir uns mit entsprechend gewachsene Haselnußstöcke um Eishockey zu spielen. Der Haselnuss Busch war, neben den Nüssen für den Wintervorrat, für viele Hilfsmittel zu gebrauchen. Aufgrund des relativ geraden Wuchses ohne viele Astverzweigungen holten wir die etwas stärkeren und längeren Äste als Stützen für Mutters Wäscheleine. Etwas dünnere dienten in der Räucherkammer als Stangen zum Aufhängen der Würste, der Herstellung von Flitzbögen oder auch für den Hühnerstall als Sitzstangen für den Hahn und sein Gefolge. Die Sitzstangen waren in unterschiedlicher Höhe stufenweise angebracht. Der Hahn saß dabei immer auf der obersten Stufe und behauptete sich hier auch gegen den Nachwuchs.

Und damit sind wir wieder bei den Tieren angelangt. Im Herbst und im Winter fanden viele Hausschlachtungen für die Eigenversorgung der Bauernfamilien statt. Die Neubauern aus dem Gutshaus machten das in der großen Waschküche des Hauses. Hier gab es zwei große Kessel in einem gemauerten Herd in denen man genügend heißes Wasser bereiten konnte. Das Schlachtschwein wurde von einem Schlachter anfangs mit einem gezielten Axtschlag zwischen den Augen auf die Stirnplatte betäubt, später hatte er dann ein Bolzenschussgerät. Anschließend wurde es auf eine kurze Leiter über einen Schlachttrog gelegt und dann abgestochen. Das Blut wurde unter gleichmäßiges Rühren in eine Schüssel aufgefangen und zur Herstellung von Blutwurst und roter Grützwurst verwendet. Danach wurde das Schwein mit heißem Wasser gebrüht und mit einer scharfen Glocke wurden ihm die Borsten entfernt.

- Bild zensiert - Schabeglocke

Mit sehr scharfem Schlachtermesser wurden auch die letzten Borstenreste fein säuberlich abrasiert. Die Zehennägel wurden mit einem speziellen Haken oder auch mit dem Haken der Borstenglocke abgezogen. Der Schlachter hatte in dieser Phase, über seiner langen Schürze einen Gürtel an dem alle benötigten Werkzeuge wie, mehrere kurze und lange Messer, der Wetzstahl, die Borstenglocken usw. griffbereit befestigt waren. Dann wurden die Sehnen an den Hinterläufen freigelegt und das Krummholz durchgesteckt.

- Bild zensiert - Schlachter teilt Schwein in zwei Hälften an einer Schlachteleiter

Das Krummholz wurde an der Leiter eingehakt, das ganze kam nach draußen und wurde an die Hausmauer gelehnt. Hier entnahm der Schlachter die Innereien zur weiteren Verwendung und trennte das Schwein entlang des Rückrates in zwei Teile. Dann hieß es „Ist das Schweinchen hakenrein, muss erst mal getrunken sein“. Anschließend zog der Schlachter zum nächsten Hof und begann dort sein nächstes Werk. In dieser Zeit wartete man auf den Fleischbeschauer der Proben aus dem Muskelfleisch und den Innereien der geschlachteten Tiere bei mehreren Bauern zusammenholte und diese auf Trichinen untersuchte. War alle in Ordnung, stempelte der Fleischbeschauer auf den Schinken ab und gab das Schwein zur Weiterverarbeitung frei. Die Innereien wurden sortiert und mit heißem Wasser gereinigt. Ein Teil der Därme wurden von Fettpolstern Schleim und anderem Gewebe gesäubert um sie später als Wurstdarm zu verwenden. Wir Kinder warteten dabei auf die Schweineblase und das letzte Stück vom Schweineschwanz. Die Schweineblase wurde aufgeblasen und getrocknet und für allerlei „Dummheiten“ verwendet. Das fieseste war, wenn wir ein paar Erbsen in die getrocknete Blase taten und diese einer Katze an den Schwanz banden und sie dann laufen ließen. Durch das Geprassel der Erbsen in der Blase rannte die Katze vor Angst durch das ganze Dorf bis sie die Blase verlor. Den Schweineschwanz hoben wir für einen Streich an unserem alten Dorflehrer auf. In einem unbeobachteten Moment machten wir den Schwanz mit einer Sicherheitsnadel hinten an seiner Joppe fest und ließen ihn damit ahnungslos, so dachten wir, durchs Dorf spazieren gehen. Die Erheiterung und das Gelächter waren natürlich groß. Er hat uns den Spaß auch nicht übelgenommen, weil er, wie er uns berichtete, in seiner Kinder- und Jugendzeit ebenso viel Freude daran hatte wie wir. Vielleicht hat er auch darauf gewartet und den Spaß aufgrund seiner Kenntnis mitgemacht. Denn die Schlachtetage waren im Dorf ja kein Geheimnis. Durch Sammelbestellung beim Schlachter und dem Fleischbeschauer wurde auf mehrere Höfe an einem Tag geschlachtet und das sprach sich schnell im Dorf herum. Wenn dann der Fleischbeschauer mit dem Ergebnis der Trichinenuntersuchung mit der Freigabe aus dem Labor zurückkahm, ging es mit der Zerlegung des Schweines durch den Schlachter weiter. Dazu wurden die Schweinehälften gänzlich getrennt und nacheinander auf der Schlachtbank zerlegt. Die Verarbeitung zu Würsten verschiedener Art, so z.B. von Blut-, Leber- oder Mettwurst oblag den Bauernfamilien selber. So ein Schlachttag zog sich sehr in die Länge dessen Ende wir Kinder nicht mitkriegten, weil wir zeitig ins Bett mussten. Für uns war dieser Schlachttag mit dem Wellfleischessen beendet. Zu dieser deftigen Mahlzeit gab es dann für die Erwachsenen ein klares geistiges, aus den schon erwähnten Kartoffeln oder Rüben gewonnenen Getränken.

Feuerwehr

Sehr interessant fand ich die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr, deren Leiter der Schmiedemeister Willi Bungenberg war. In den ersten Jahren standen der Wehr eine von Pferden gezogene, von vier Leuten zu bedienende Handhebelpumpe zur Verfügung.

- Bild zensiert - Wasserspritze zum Schutz von Gutshöfen (Handhebelpumpe)

Später gab’s dann einen Anhänger mit einer Motorpumpe und der Ausrüstung mit A, B und C-Schläuchen plus Verteiler und entsprechende Strahlrohre. Bei Einsätzen zu Übungen oder Bränden wurde hier ein LKW der MAS (Maschinen-Ausleihstation), später MTS (Maschinen-Traktoren-Station), vorgespannt und ab gings dann zum Einsatzort.

- Bild zensiert - Motorpumpe (Roter Anhänger vom Feuerwehrauto)

Ende der 50iger Jahre wurde mitten im Dorf ein Spritzenhaus mit Schlauchturm durch freiwillige Aufbaustunden der Wehrmitglieder gebaut. Dort wo dieses Spritzenhaus und der Schlauchturm heute noch stehen, befand sich eine Maulbeerbaumplantage. Irgendwer hatte sich vor und während des Krieges mit der Seidenraupenzucht beschäftigt. Eine zweite Plantage befand sich am Ausgang des Dorfes an der Straßenbiegung nach Neu-Pannekow. Da diese Plantagen nach 1945 verweist waren und die Pflanzen nicht mehr beschnitten wurden, entwickelten sie sich, wegen der Pflanzdichte, zu schlanken aufstrebenden Bäumen. Diese Maulbeerbäume trugen weiße oder blaurote saftige Früchte die einer verlängerten Brombeere ähnelten und die man sogar essen konnte.

Die Freiwillige Feuerwehr spielte eine zentrale gesellschaftliche Rolle und übernahm Anfang der 50iger Jahre vielfältige soziale Aufgaben, die mit auf die Initiativen ihres Wehrleiters, Herrn Bungenberg zurückgingen. Wehrmitglieder richteten die Räumlichkeiten für Feiern her, stellten den Maibaum auf und unterstützten die Schausteller beim sicheren Aufstellen ihrer Karusselle, Schiffsschaukeln und anderer Spielgeräte auf dem Festplatz vor der Baracke.

Auch ich wurde Mitglied der „Freiwilligen Feuerwehr“. Zum Glück hatten wir in Alt-Pannekow selber keinen ernsthaften Brandeinsatz. Unser Wehrführer, Herr Bungenberg, legte sehr viel Wert auf eine gründliche theoretische und praktische Ausbildung. Deshalb wurde im Gutspark eine Sturmbahn mit Eskaladierwand, einer Fensterwand mit Öffnungen in verschiedene Höhen und dahinterliegenden Balancierbalken, von denen man in Etappen herunterspringen musste. Hier wurde nun fleißig der Ablauf von Leistungsvergleichen geübt und in der Folge nahmen wir an alle erdenkliche Übungen und Ausscheide in Gnoien, Teterow und andere Orte teil. Oft belegten wir die Ersten oder Zweiten Plätze. Auf den Brandschutz wurde damals wegen Haus-, Stall- und Mietenbrände in Dörfern und Einzelgehöfte der näheren Umgebung, sehr viel Wert gelegt. Durch regelmäßige Brandschutzkontrollen der Brandstätten in den Häusern, der Umgebung der Schornsteine auf den Dachböden usw., haben wir sicherlich Brände vorbeugen können.

Traditionell vor Hochzeiten war der „Polterabend“. Dabei wurde am Vorabend der Hochzeit vor den Eingängen des Hochzeitshauses altes und beschädigtes Porzellan und Steingut zerschlagen. Das geschah nach dem Motto „Scherben bringen Glück“, und das war ja der Wunsch der polternden Verwandten und Bekannten, dem sich die halbe Dorfgemeinschaft anschloss. Das zukünftige Ehepaar bedankte sich für die Wünsche mit einigen Lagen Bier und höherprozentige Getränke. Die Kinder bekamen ein Stück Hochzeitskuchen, Bonbons oder auch Schokolade. Gemeinsam hat dann das Paar den Scherbenhaufen bis zum nächsten Morgen beseitigen müssen. Manchmal wurde das Treiben am Polterabend auch überzogen. Noch hinnehmbar war ein nachgebildeter Storch oder ein alter Kinderwagen auf dem Schornstein des Hauses als Wunsch für einen reichen Kindersegen. Aber der Übermut uferte manchmal auch mit dem Heranschleppen aller möglichen Altgeräte- und Schrottteile, sehr übertrieben aus. Für die Entsorgung eines solchen Müllberges war dann schon der Einsatz eines Pferdewagens oder eines Traktorenanhängers nötig und bewirkte das Gegenteil von Freude über solche Art von „Glückwünsche“.

Mobilität

Die Verkehrsverbindungen in und um Alt-Pannekow waren damals sehr bescheiden. An wenigen Tagen im Monat bediente ein Gnoiener Busunternehmer eine Linie von Gnoien über Alt-Pannekow, Altkalen, Jördensdorf nach Teterow. Der Motor seines Fahrzeuges wurde damals mit Holzgas angetrieben. Der Holzgasofen war am Heck des Busses installiert. Auf dem hinteren Dachabteil, welches man über eine fest angebaute Leiter erreichen konnte, führte er eine für die Fahrt ausreichende Holzmenge mit. Schon beim Halt in Alt-Pannekow wurde hier Holz in den Ofen nachgefüllt und ist mir deshalb eindrucksvoll in Erinnerung geblieben. Besonders gefragt war diese Linie zu den Grasbahnrennen an den Pfingstfeiertagen in den Teterower Heidbergen. Hier musste das Vehikel mehrmals eingesetzt werden um alle Schaulustige aus dem Einzugsbereich hin- und auch wieder zurückzubringen. Erzählt wurde, dass deshalb das Holz nicht immer ausreichte und so mancher Holzpantoffel dem Holzgasofen geopfert wurde um wieder nach Hause zu kommen. Diese Linienführung wurde später auch vom „Öffentlichem Nahverkehr“ übernommen und zu einer täglichen Verbindung von Gnoien nach Teterow ausgebaut. Anfang bis Ende der 50iger Jahre konnte man auch das Postauto nutzen um von einem Dorf mit einer Poststelle zum nächsten zu gelangen. Diese Postautos besaßen eine verlängerte Fahrerkabine in der 4 bis 6 Personen mitgenommen werden konnten. Alt-Pannekow hatte eine solche Poststelle im Anbau des Dorfkatens am Straßendreieck in der Dorfmitte. Die Poststellenleiterin hatte die Dörfer Alt-Pannekow, Lüchow und Granzow in ihrem Zustellbereich. Alle Tageszeitungen im ABO sowie alle Brief- und Paket- und Päckchensendungen hat sie zu Fuß oder mit dem Fahrrad zustellen müssen. In der Poststelle unterhielt sie das einzige öffentliche Telefon im Ort. Hier kamen dann Gespräche für Personen in ihrem Zustellbereich an, die sie entgegennahm und deren Inhalt sie an die entsprechende Person mündlich weitergab. Mit der Antwort des so Informierten konnte sie dann dem Anrufer den entsprechenden Bescheid telefonisch mitteilen. Ansonsten wurde das öffentliche Telefon von den Dörflern sehr wenigen selber genutzt. Die Poststellenleiterin war nicht nur deshalb die bestinformierte Person im Dorf, sondern sie hatte hier auch, bis zur Einrichtung des Dorfkonsums, einen florierenden Getränke und Zigarettenverkauf zu bieten. Das zog natürlich Jung und Alt an und bescherte ihr einen ständigen Überblick über Gewohnheiten, Bedürfnisse und Charakterschwächen ihrer Kundschaft. Darüber hinaus führte sie auch jahrelang eine Eieraufkaufstelle. Hier konnten die Hühnerhalter ihre über den Eigenbedarf produzierten Eier loswerden und auch Futtergetreide erwerben.

Aufgrund der damaligen miserablen Verkehrsverbindungen waren Einkäufe, Lieferungen usw. zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Pferdefuhrwerk zu erledigen. Wichtigster Einkaufsort war Gnoien. Hier gab es mehrere private Händler und Handwerker sowie Verkaufsstellen des Konsums und der HO(Handelsorganisation) dazu Bäcker, Fleischer und Friseure die den Bedarf einigermaßen abdecken konnten. Auch kamen auf dem Bahnhof in Gnoien Lieferungen von Braunkohlebriketts, Bauholz, Zement und andere Artikel für die BHG (Bäuerliche Handelsgesellschaft) an die dort abgeholt werden mussten. Bei Sonderangeboten haben wir auch schon mal schnell handeln müssen und dann die Briketts mit einem größeren Handwagen(Kastenwagen) von dort abgeholt und mühselig nach Alt-Pannekow gezogen. Als dann die MAS und später die MTS über einen LKW verfügte der oft Versorgungsfahrten nach- und von Gnoien zu machen hatte, wurden diese Besorgungen bequemer und unser Part bestand dann nur noch aus dem entladen der zuvor organisierten oder eingekauften Gegenstände des täglichen Bedarfs oder z.B. der Briketts für den Wintervorrat. Letztere gab es auf Kohlenkarten die für jede im Haushalt lebende Person eine bestimmte Menge vorsah und im Sommer auch zum Sommerpreis zu erhalten war. Diese Kohlenkarte musste man, ähnlich den Lebensmittelkarten, im Gemeindebüro beantragen und abholen. Auch hier beim Organisieren und Heranschaffen der Einkäufe und andere Besorgungen konnten wir uns auf gegenseitige Hilfsbereitschaft verlassen. Die Dorfgemeinschaften hatten damals noch solidarisch funktioniert, auch wenn sich manchmal der eine das anderen nicht recht grün war, wie man so sagt.

Mit diesen meinen Betrachtungen des Lebens in Alt-Pannekow möchte ich den Bericht beenden und andere Zeitgenossen bitten die Lücken zu schließen, das Thema zu vertiefen oder auch die Darstellungen aus anderer Sicht zu ergänzen oder zu berichtigen.

Da meine wenigen Bilder aus Alt-Pannekow nach der Digitalisierung und einem anschließenden Crash der Festplatte leider unwiederbringlich verlorengegangen sind, habe ich im obigen Bericht auf Beispielfotos zurückgegriffen.

Leider mussten die Bilder entfernt werden, weil viele aus dem Internet waren (Urheberrecht).

Hier aber noch ein Foto von der 800-Jahrfeier des Dorfes am 11. Juni 2016;


Alt-Pannekow - 800 Jahre - Dorffest


Haben sie ähnliche alte und gute Geschichten aus Alt Pannekow? Dann können sie mir diese per E-Mail zusenden.
Nachdem ich diese Geschichten geprüft und eventuell korrigiert habe, könnten diese hier erscheinen.